Rezension

Ein spannender Einblick in das Leben von Bediensteten Anfang des 20. Jahrhunderts

Schloss Liebenberg. Hinter dem hellen Schein. -

Schloss Liebenberg. Hinter dem hellen Schein.
von Hanna Caspian

Bewertet mit 4 Sternen

Über einige Persönlichkeiten und Berufsgruppen wurden schon unzählige Romane geschrieben; andere hingegen blieben bisher im Hintergrund. Hanna Caspian setzt den Schwerpunkt dieses Romans deshalb auf das Leben der Bediensteten in Schloss Liebenberg, womit sie eine Welt beleuchtet, die bis anhin oft im Dunkeln lag. Dieses Buch durfte ich im Rahmen einer Leserunde auf Lovelybooks lesen.

Darum geht’s in »Schloss Liebenberg - Hinter dem hellen Schein«:

»Anfang des 20. Jahrhunderts: Die achtzehnjährige Adelheid, Tochter eines Tagelöhners, soll auf Schloss Liebenberg als Stubenmädchen anfangen. Niemals hätte sie sich so ein Glück träumen lassen, denn nun kann sie für ihre hungernde Familie sorgen. Ausserdem darf sie mit Viktor, einem der Diener, zusammenarbeiten, zu dem sie sich vom ersten Moment an hingezogen fühlt. Doch ihr Glück dauert nicht lange an. Es ruft Neider auf den Plan, die das unschuldige Mädchen in eine Falle locken. Adelheid wird zum Hausmädchen degradiert und muss nun mit der erfahrenen Hedda Pietsch zusammen in einer kleinen Stube wohnen. Die beiden jungen Frauen werden zu Freundinnen in höchster Not - und zu Zeuginnen des grössten Skandals des deutschen Kaiserreichs...«

Original-Klappentext

 

Meine Meinung:

Der Schreibstil der Autorin ist flüssig und angenehm. Die Mischung aus Dialogen, Gedankengängen der Protagonist*innen sowie historischen Fakten und Gegebenheiten (die übrigens hervorragend recherchiert sind) ist gut gelungen und bringt Abwechslung in die Geschichte. Diese wird ausschliesslich aus der Sicht von verschiedenen Bediensteten erzählt, was auch die Besonderheit dieses Romans ausmacht.

Adelheid als Protagonistin hat mir gut gefallen. Anfangs wirkt sie sehr eingeschüchtert und hat oft mein Mitgefühl geweckt; im Laufe des Romans macht sie aber eine tolle Entwicklung durch und wird deutlich selbstbewusster. Auch die anderen Protagonist*innen, dazu gehören Hedda, Viktor und Constanze, die Gouvernante, waren mir oft sympathisch. Sie haben alle ihre eigenen Geschichten, Träume und Probleme, die erst nach und nach enthüllt werden - und doch haben sie eines gemeinsam: die Arbeit in Schloss Liebenberg. Durch die Augen der Bediensteten erleben wir mit, wie hart und anstrengend ihr damaliges Leben war und wie klein die Hoffnung war, dass sich daran etwas ändert. Trotzdem geben die vier niemals auf, wofür ich sie bewundere.

Im Verlaufe des Romans begegnen wir auch einigen Nebenfiguren, darunter historische Persönlichkeiten wie Kaiser Wilhelm II., aber auch Familienmitgliedern und anderen Bediensteten im Schloss. Ihr Einfluss auf das Leben und die Entscheidungen der Protagonist*innen ist enorm, wie schnell deutlich wird. Damit bringen sie eine hohe Spannung in den Roman.

Im Mittelpunkt der Geschichte steht die Arbeit der Bediensteten im Schloss, daneben geht es aber auch um historische und politische Ereignisse, worunter der im Klappentext erwähnte Skandal eine tragende Rolle einnimmt. Weitere Themen sind Armut, Familie, Liebe, Neid, Missgunst, gesellschaftliche Konventionen und der Graben zwischen Arm und Reich.

Auf den über 400 Seiten geschieht nicht so viel, wie ich oder andere Leser*innen vielleicht erwartet hätten. Die Spannung war zwar fast immer da, aber es wird auch schnell klar, dass dieses Buch den Auftakt einer Trilogie bildet. Viele Handlungsstränge werden erst aufgebaut, Probleme tauchen auf, aber unzählige Fragen und Probleme sind am Ende des Buches noch offen. Weil ich mir gewünscht hätte, dass zumindest das eine oder andere Problem geklärt wird, gibt es hier einen kleinen Abzug.

 

Fazit:

»Schloss Liebenberg - Hinter dem hellen Schein« ist ein gelungener und spannender Auftakt einer neuen Trilogie, in der das Leben der Bediensteten im Schloss Liebenberg im Mittelpunkt steht. Gefallen haben mir insbesondere die Entwicklung der Protagonist*innen und die gute Recherchearbeit, für die vielen offenen Fragen am Schluss gibt es einen kleinen Punkt Abzug. Deshalb gibt es vier von fünf Sternen.