Rezension

Ereignisse einer schrecklichen Zeit

So weit die Störche ziehen - Theresia Graw

So weit die Störche ziehen
von Theresia Graw

Bewertet mit 4 Sternen

Ostpreußen 1939: Während die Welt aus den Fugen gerät, wächst die junge Dora Twardy behütet auf dem Pferdegestüt ihrer Familie auf. Der Tochter des Gutsherren mangelt es an nichts, auch nicht an Verehrern. Doch als die deutsche Wehrmacht Polen angreift, muss Dora schlagartig erwachsen werden. Ihr Vater wird eingezogen und Dora übernimmt die Verantwortung für den Hof. Mit aller Kraft kämpft Dora um den Erhalt des Familienbesitzes. In den Wirren des Krieges stehen ihr zwei Männer bei: der sanftmütige Freund ihres Bruders, Wilhelm von Lengendorff, und der abenteuerlustige Kriegsfotograf Curt von Thorau. Zu spät erkennt Dora, wen sie wirklich liebt.

 

„Soweit die Störche ziehen“ von Theresia Graw erzählt bildgewaltig die Geschichte der jungen Dora und ihrer Familie in den Zeiten des Zweiten Weltkrieges.

Dora ist die Hauptfigur, deren Entwicklung der Leser durchweg begleitet.

Sie startet als naives, verwöhntes Mädchen und endet als starke, zähe Frau. 

Zu Beginn fiel es mir ein wenig schwer, mich mit ihr anzufreunden. Zu oft hätte ich den Kopf über sie schütteln können. Doch mit immer mehr Ereignissen, die der Krieg mit sich bringt, ist sie gewachsen und hat sich entwickelt. 

Die Autorin beschreibt die sich immer weiter entwickelnden Ereignisse des Zweiten Weltkrieges. Sie erzählt, wie Deutschland zunächst hoffnungsvoll in den Krieg zieht und besonders die zurückgelassenen Familien lange nicht mitbekommen, dass es nicht so erfolgreich läuft, wie die Propaganda glauben lassen will. Man erfährt als Leser zusammen mit Dora nach und nach von den Schrecken, die der Krieg mit sich bringt. 

Für mich war es interessant, die Kriegsereignisse von der Seite einer Familie zu erleben, die recht wohlhabend auf dem Land lebt und lange nicht vom Geschehen betroffen ist. Ich fand es auch interessant, dass es mal nicht direkt um die Überwachung, die Kontrollen und die KZs ging und der Leser mal die Seite derer erlebt, die davon zunächst nicht viel mitbekommen haben. 

Als Dora und ihre Familie dann doch zur Flucht gezwungen werden, war ich wie gebannt. Die Autorin beschreibt die Schrecken dieser Flucht und all das Grausame, was die Menschen durchmachen mussten mit solch bildhaften Worten, dass ich wirklich beklemmende Gefühle bekam. Ich habe wirklich lange nicht mehr so mit den Figuren mitgefiebert. 

Begleitet werden diese ganzen Ereignisse von Doras Romanzen mit Wilhelm und Curt. Dieser Erzählstrang gibt dem Buch eine gefühlvolle und liebenswürdige Ebene. 

Ich habe lediglich zwei kleine Kritikpunkte, die zum perfekten Buch fehlen. Dora ist mir oft zu naiv und später zu unnahbar. Sie zeigt mir für meinen Geschmack zu selten offen Zuneigung, da hätte ich mir ein bisschen mehr gewünscht. Dazu zieht sich das Buch im Mittelteil ein wenig. Es passiert zwar immer wieder etwas aber auch da hätte es ein wenig mehr sein dürfen. 

Die ganze Geschichte ist trotzdem sehr gut gelungen und unheimlich interessant. Besonders vor dem Hintergrund, dass es auf einer wahren Begebenheit beruht, beeindruckt dieses Buch. Von mir auf jeden Fall eine Empfehlung!