Rezension

Erstklassige Biografie

Queen Victoria - Julia Baird

Queen Victoria
von Julia Baird

Bewertet mit 4.5 Sternen

Eine sechshundertseitige Biografie flößt im ersten Moment Respekt ein. Doch dann macht das Buch wirklich Spaß!
Das Titelbild zeigt eine junge Frau, die mit schwärmerischem Blick seitlich am Betrachter vorbei schaut. Wirklich schön ist sie nicht und ein Portraitgemälde ist sicherlich auch vom Maler geschönt, aber die junge Frau zieht die Aufmerksamkeit auf sich.
Und sie war wirklich ungewöhnlich! Über 63 Jahre regierte und repräsentierte sie das englische Empire mit allen Höhen und Tiefen. Es war eine Zeit des großen Wandels von der Agrargesellschaft hin zur Industriegesellschaft. Die Arbeiter strömten in die Städte und lebten dort unter erbärmlichsten Bedingungen, die Frauen forderten mehr Rechte und das Empire vergrößerte sich durch Eroberungen und Kriege zu seiner maximalen Größe.
Victoria gilt als Matrone und Familienmensch, doch dieses Buch zeigt, dass sie viel mehr war. Nach dem Tod ihres geliebten Mannes Albert von Sachsen-Coburg- Gotha nahm sie nach einer langen Trauerzeit die Zügel in die Hand, kümmerte sich um die politischen Entscheidungen der zahlreichen Premierminister und mischte sich ein. Dabei kümmerte sie sich weiterhin intensiv um das Leben ihrer neun Kinder, von denen drei vor ihr starben, und die in Königshäuser in ganz Europa einheirateten. Der deutsche Kaiser Wilhelm II. war ihr Enkel. Ihre Affäre mit John Brown, einem schottischen Wildhüter, und das Verhältnis zu dem indischen Diener Abdul Karim bedienen auch die Lust am Klatsch.
Julia Baird gelingt es bei aller historischen Genauigkeit ein lebendiges Bild der Herrscherin zu zeichnen. Im Gegensatz zu manchen anderen Biografien schreibt sie gut lesbar, ohne den historischen Kontext zu vernachlässigen.
Das Buch enthält viele Bilder und Fotos aus dem Leben Victorias und einen umfangreichen Anhang mit Anmerkungen, Bibliografie und Bildnachweisen und genügt damit auch wissenschaftlichen Anforderungen.