Rezension

Für Fans von Joan Weng ein Must-read

Das Fräulein von Berlin -

Das Fräulein von Berlin
von Joan Weng

Bewertet mit 5 Sternen

Als ausgesprochener Fan von Joan Wengs Prosa kam ich an ihrem neuesten Werk - einer Kriminalnovelle - nicht vorbei. Darin wird die zu Herzen gehende Geschichte von Bernhard Greiff erzählt, der traumatisiert aus dem Ersten Weltkrieg zurückkehrt und mehrere Nervenheilanstalten durchläuft. Nun, im Jahr 1926, arbeitet und lebt er bei seiner Schwester Vicky, die eine Buchhandlung in Berlin betreibt und nebenbei 5 Kinder versorgt. Bernhard ist ein reflektierter wie schüchterner junger Mann, der von der Außenwelt unisono als "Verwirrter" abgestempelt wird. Als er an die Hausangestellte Ruth sein Herz verliert, wird er ungewollt zum Detektiven in einer brisanten Mordserie.

Ich habe Wengs Novelle mit Freude und in einem Ritt gelesen. Dadurch dass mir viele der handelnden Personen bereits durch andere Romane der Autorin bekannt waren, fand ich sehr schnell einen Zugang zur Story. Abermals schaffte es Weng mich für eine kurze Zeit in die Zwanziger Jahre zu entführen. Das einzigartige Flair und die Vielschichtigkeit der damaligen Gesellschaft hat sie realistisch eingefangen und sogar sprachlich überzeugend umgesetzt. Ihr Plot - eine Kombination aus Liebelei und Kriminalfall - bot viel Abwechslung und bunte Unterhaltung. Der feinfühlige Bernhard Greiff als Hauptprotagonist ist mir regelrecht ans Leserherz gewachsen. Auch seine Bagage bzw. Freundeschar konnte sich sehen lassen. Des Weiteren hat es mir imponiert, mit welcher Leichtigkeit Weng die Ober- und Unterschicht der 20er Jahre in ihrer Erzählung abbildete. Nur der Schluss geriet mir etwas zu abrupt. Hier hätte die Autorin gern noch ausführlicher werden und 20 Seiten mehr schreiben können.