Rezension

Zu viel gewollt auf zu wenig Seiten...

Das Fräulein von Berlin -

Das Fräulein von Berlin
von Joan Weng

Bewertet mit 2.5 Sternen

Hier kam alles zu kurz: Krimi, Liebesgeschichte und das Nachkriegstrauma des Hauptcharakters - insgesamt blieb alles zu oberflächlich...

Berlin, 1926: Der Kriegsveteran Bernhard Greiff hat die Schrecken der Vergangenheit noch nicht ganz hinter sich gelassen. Doch als er zu seiner Schwester Vicky zieht und einen Job in der Buchhandlung annimmt, glaubt er endlich seinen Platz gefunden zu haben. Jetzt muss er sich nur trauen, das Dienstmädchen des schönen Fräulein Schienagels anzusprechen und sie zu einer Verabredung einzuladen. Als jedoch Bernhards einziger Freund in Gefahr gerät und ihn um Hilfe bittet, muss er sich wieder den Schatten einer längst vergangenen Zeit stellen und über sich hinauswachsen. Kann er seinen Freund retten oder landen sie am Ende beide in einem Wespennest aus Raub, Mord und Intrigen?

Die goldenen Zwanziger in Berlin - nun, für alle ist diese Zeit wohl nicht rosig gewesen. Bernhard Greiff beispielsweise war bis vor kurzem im Irrenhaus, wo er aufgrund seiner Kriegstraumata behandelt wurde. Seit seiner Entlassung lebt er bei seiner Schwester Vicky und deren Familie und bemüht sich, sich so unauffällig wie möglich zu verhalten. So ganz ist ihm nicht immer klar, wo die Grenze zwischen Normalität und Wahnsinn verläuft - bzw. was die Gesellschaft dafür hält.

Bernhard Greiff führt ein zurückgezogenes Leben, hilft seiner Schwester jetzt in der Vorweihnachtszeit in der Buchhandlung aus und geht mit dem Familienhund Gassi, ansonsten bleibt er lieber in Vickys Wohnung. Beim Rungang mit dem Hund trifft er immer wieder auf das Dienstmädchen des bekannten Fräulein Schienagel, doch er traut sich einfach nicht, die junge Frau anzusprechen, auch wenn er längst ein Auge auf sie geworfen hat. Der Zufall und ein Diebstahl kommen ihm jedoch zu Hilfe - und schon steckt Bernhard mitten in einem Kriminalfall.

In Berlin ist die Polizei derzeit allerdings vor allem mit den Hurenmorden beschäftigt - eine dienstbare Frau nach der anderen wird vergiftet, und die Ermittler tappen immer noch im Dunkeln. Da fällt so ein läppischer Diebstahl kaum ins Gewicht. Dumm nur, dass Bernhards einziger Freund, der Leierkastenmann mit seinem Äffchen, des Einbruchs verdächtigt und verhaftet wird. Bernhard ist von dessen Unschuld überzeugt - und ermittelt auf eigene Faust.

Trotz der gerade einmal 156 Seiten hat die Autorin die Erzählung breit gefächert angelegt. Sowohl Berhard als auch die Bösewichte der Stadt bekommen hier Raum, und der Krimi wie die Liebesgeschichte sollen vorangetrieben werden. Das erwies sich in meinen Augen als zu viel für die wenigen Seiten. So blieben die Personen doch recht eindimensional und konnten mich nicht erreichen, und sowohl die Liebesgeschichte als auch der Krimi dümpelten vor sich hin, ebenso wie das immer wieder eingestreute Nachkriegstrauma Bernhards.

Lustig fand ich allerdings die Berliner Spitznamen wie 'Zyklopen-Bill' oder auch 'Muskel-Adolf' , die der Erzählung Authentizität verliehen. Ansonsten hätte es mir besser gefallen, wenn sich die Autorin klar für ein Genre entschieden hätte - so kam leider nichts davon so recht zum Zug. Da half auch der flüssige Schreibstil nichts...

Schade - hiervon hatte ich mir mehr versprochen...

 

© Parden