Rezension

Gefühlvolle Geschichte – vorhersehbar aber unterhaltsam

Up All Night - April Dawson

Up All Night
von April Dawson

Bewertet mit 4 Sternen

Mit „Up All Night“ von April Dawson ist der erste Teil ihrer gleichnamigen Dilogie erschienen. „Next to you“ erscheint als Finale am 31.10.2019. Die Bücher sind in sich abgeschlossene Geschichten, viele Charaktere tauchen allerdings in beiden Bänden auf.

 

In „Up All Night“ geht es um Taylor Jensen, die an einem einzigen Tag ihren Job und ihr Auto verliert, sowie ihren Freund beim Fremdgehen erwischt. Völlig aufgelöst begegnet sie ihrem Kindheitsfreund Daniel Grant, in dessen WG ein Zimmer frei ist. Nach diesem Tag voller Enttäuschungen will Taylor allerdings nichts mehr von Männern hören und schon gar nicht mit einem zusammenwohnen, der ihrem Herz zu nahe kommen könnte. Doch Dan versichert ihr, dass er homosexuell sei. Während Taylor ihr Leben langsam wieder in Ordnung bringt, fühlt sie sich allerdings immer mehr zu ihrem guten Freund hingezogen.

 

Das Cover ist wirklich traumhaft. Die Farbtöne sind sehr schön gewählt, es sieht ein bisschen wie eine Morgendämmerung aus. Das erste Licht, welches die Skyline von New York berührt – das lädt zum Träumen ein. Mir gefällt, dass die Stadt nur unten am Rand zu sehen ist und nicht zu viel vom Cover einnimmt. Richtig auffallend sind auch die einzelnen Lichtpunkte, die ein wenig wie Glitzerpartikel aussehen. Zum Zeitpunkt meiner Rezension habe ich das Buch noch nicht live gesehen, aber auch das elektronische Bild zieht mich schon magisch an.

 

Von April Dawson hatte ich zuvor noch nichts gelesen, obwohl „Still Broken“ seit den ganzen überwältigenden Kritiken schon lange auf meiner Wunschliste steht. „Up All Night“ hat mir daher den ersten Einblick in ihr Schreiben gegeben. Direkt positiv ist mir dabei aufgefallen, dass sie sehr zielgerichtet schreibt. Es wird nicht viel Drumherum beschrieben, sondern sehr klar eine Geschichte erzählt. Das findet man in dem Genre selten, aber es gefällt mir wirklich gut. Es macht es dem Leser einfach, der Geschichte zu folgen, wenn die Gedanken der Protagonisten und die des Lesers nicht andauernd zu Nebensächlichkeiten abdriften. Taylors furchtbarer Tag wird sehr schnell abgehandelt. Das gefiel mir gut, denn man weiß ja durch den Klappentext schon, was passiert und es ist immer etwas zäh, wenn ein Autor das dann nochmal auf 100 Seiten ausrollt. Hier ging es schnell in die eigentliche und neue Geschichte über – top!

 

Meine Beziehung zu den Charakteren hat während des Lesens eine Entwicklung durchgemacht. Taylor hat zu Beginn direkt mein Herz erobert. Sie ist wahnsinnig stark und tough! Sie buckelt vor niemanden und bleibt sich selbst treu. Wirklich eine umwerfende Person und ein Vorbild für jede Frau. Irgendwann kam bei mir allerdings ein Punkt, an dem ich sie immer weniger leiden konnte. Sie war so blind und naiv, dass ich es schon nicht mehr niedlich oder witzig finden konnte. Ihre grundsätzliche Persönlichkeit fand ich nach wie vor toll, aber es kam dann häufiger vor, dass ich beim Lesen ihrer Gedanken oder Handlungen die Augen verdreht habe.

 

Dan machte ab der ersten Seite einen sympathischen Eindruck, ist hilfsbereit und tatsächlich – abgesehen von seiner Optik – der nette Junge von nebenan. Sobald es zwischen Taylor und Dan anfing zu prickeln, war es für mich jedoch etwas schwierig den heißen Typen und den netten Nachbarn in derselben Person zu sehen. Das liegt vermutlich daran, dass es in diesem Genre meistens nur genau diese zwei Charaktere gibt: zum einen die gut aussehenden Männer mit Sixpack, die arrogant oder zumindest sehr selbstsicher sind. Sie sind dabei nicht zwingend unfreundlich (sonst wäre wohl niemand von ihnen unser Bookboyfriend), aber eben auch nicht so sympathisch und bodenständig wie Archetyp Nummer zwei: der gute Freund oder der „Junge von nebenan“. Daniel ist weder der eine, noch der andere, sondern irgendwie beide zugleich. Das ist nach vielen gelesenen Liebesromanen sehr ungewohnt, aber gleichzeitig unheimlich erfrischend. Mit steigender Zahl der gelesenen Kapitel, ist auch meine Zuneigung zu ihm gestiegen und ich bin immer besser mit den zwei Facetten, die er vereint, zurechtgekommen.

 

Wo es kein Auf und Ab für mich gab, sondern von der ersten Seite an nur Liebe, sind die Nebencharaktere. Vor allem Addison, Daniels Schwester, und Grace, die Mitbewohnerin, sind wundervolle Personen, die ich selbst gerne meine Freundinnen nennen wollen würde. Sie sind grundverschieden, aber beide sehr individuell und authentisch konzipiert.

 

Zum Spannungsverlauf muss man ganz ehrlich sein: die Geschichte ist von Anfang an vorhersehbar. Es gibt keine Überraschungen und nur zwischendurch ein paar Szenen, die man so nicht unbedingt erwartet hat, die aber auch für die grundsätzliche Handlung nicht essentiell wichtig waren. Dies ändert jedoch nichts daran, dass mich das Buch sehr gut unterhaltet hat und ich diese gefühlvolle Geschichte genossen habe. Dennoch gibt es hierfür einen kleinen Punktabzug, sowie für Taylors teilweise wirklich unglaubhafte Naivität, sodass ich zu 4 von 5 Punkten komme. „Next to you“ wandert mit sofortiger Wirkung auf meine Wunschliste, denn ich freue mich riesig darauf, mehr von Addison zu lesen, die ich bereits in mein Herz geschlossen habe.