Rezension

keine Bilderbuchfamilie

Das wirkliche Leben - Adeline Dieudonné

Das wirkliche Leben
von Adeline Dieudonné

Bewertet mit 4 Sternen

 "Das wirkliche Leben" von Adeline Dieudonné erzählt die Geschichte einer Familie, die für Außenstehende ganz normal und unauffällig wirkt. Doch in dem kleinen Reihenhaus am Waldrand spielt sich eine Tragödie ab. Der Vater, gewalttätig und grausam, interessiert sich nur für Alkohol, Fernsehen und die Jagd. Und er liebt es, die totale Macht über seine Familie zu haben. In regelmäßigen Abständen misshandelt er seine Frau . Die ist völlig verängstigt, lässt sich verprügeln, ohne auch nur einmal einen Hauch von Gegenwehr erkennen zu lassen. So etwas wie Gefühle, bringt sie eigentlich nur ihren Ziegen entgegen, um die sie sich hingebungsvoll kümmert, während sie ihre beiden Kinder kaum beachtet.

Erzählt wird die Geschichte aus der Ich-Perspektive der Tochter, die zu Beginn 10 Jahre alt ist. Ihr Bruder Gilles ist 4 Jahre jünger und die beiden haben eine sehr enge Bindung zueinander und versuchen gemeinsam die Brutalität ihres Elternhauses zu überstehen und trotz der Trostlosigkeit ihres Zuhauses Spaß am Leben zu haben . 
Anfangs gelingt ihnen das auch noch einigermaßen, doch dann werden sie Zeuge eines schrecklichen Unfalls und nach diesem traumatischen Erlebnis ist nichts mehr wie es war, denn Gilles, der bisher immer ein kleiner Sonnenschein und sehr anhänglich war, zieht sich vollkommen zurück, spricht nicht mehr viel und wird sogar richtig gemein. Seine Schwester ist über die Verwandlung ihres geliebten Bruders entsetzt, besonders , als er auch noch anfängt, dem Vater immer ähnlicher zu werden und es genießt, Tiere zu quälen oder gemein zu Mutter und Schwester zu sein.

Das Mädchen möchte einfach nur den schlimmen Unfall, an dem sie sich insgeheim die Schuld gibt, ungeschehen machen und ihren lieben , niedlichen Bruder zurück und dafür schmiedet sie einen ungewöhnlichen Plan.

Inzwischen wird das Leben in der Familie aber immer schwieriger für sie, denn je älter sie wird, umso mehr zieht sie die Aufmerksamkeit ihres Vaters auf sich, der in ihr ein weiteres Opfer für seine Gewaltausbrüche sieht.

Die Geschichte wird über 5 Jahre erzählt und man wird Zeuge, wie das kleine scheue Mädchen sich zu einer mutigen jungen Frau entwickelt, die versucht, sich und ihren Bruder zu retten.

Eine leichte Lektüre ist das nicht und manche Textpassagen waren wirklich nur schwer auszuhalten . Der Vater machte mich unfassbar wütend, aber auch die Mutter, die so schwach ist, alles zu ertragen und nicht mal Hilfe von außen  sucht, als sich die Gewalt ihres Mannes auch gegen die Tochter richtet und die anscheinend nicht mal bemerkt oder es nicht bemerken will, wie sich der Sohn zum Negativen verändert. Was für eine gruselige Familie und das Schlimme ist, dass es solche Familien leider wirklich gibt, in denen Kinder aufwachsen müssen, denen keiner hilft.

Der Schluss war nicht ganz so, wie ich ihn mir erhofft hatte und für mich war die Geschichte leider auch noch nicht ganz auserzählt, ich hätte gerne noch erfahren, wie die Kinder das alles verkraftet haben und wie das Familienleben "danach" weiterging und wie sich vor allem Gilles weiterentwickelte. Aber trotzdem ein sehr lesenswertes Buch!