Rezension

Liebe und noch viel mehr

Der japanische Liebhaber - Isabel Allende

Der japanische Liebhaber
von Isabel Allende

Bewertet mit 4 Sternen

Alma Belasco ist eine alte Dame, die sich von einem Tag auf den anderen aus dem gesellschaftlichen Leben in ein Altersheim zurückgezogen hat. Engen Kontakt hat sie nur noch zu Irina, die ihr ein paar Stunden pro Tag hilft, und ihrem Enkel Seth. Die beiden helfen ihr, ihre Erinnerungen, in Form von Fotos, Briefen usw. in mehreren Kisten, zur ordnen und erfahren dabei ihre Lebensgeschichte, obwohl Alma zunächst nicht vorhat, den beiden ihr wahres Ich, ihre wahre Liebe und Sehnsüchte, zu zeigen.

Nachdem sie auf der Flucht vor den Nazis ihre Eltern verloren hatte und zu Verwandten in den USA gezogen war, hat sie sich angewöhnt, ihre wirklichen Gefühle nicht mehr zu zeigen. Das macht sie nicht zu einer besonders liebenswerten Protagonistin, denn selbst als Leser hat man das Gefühl, sie versteckt immer etwas. Ihre Ehe mit Nathaniel war glücklich, aber sie hatte nicht auf Liebe basiert, sondern auf Freundschaft und Vertrauen, denn ihre wahre Liebe zu dem japanischstämmigen Ichimei war kurz nach dem Zweiten Weltkrieg zum Scheitern verurteilt gewesen. Irina und Seth erfahren nach und nach Almas und Ichimeis Lebensgeschichten und hören von einer Liebe, die trotz allem nie geendet hat.

Isabel Allende schreibt immer tolle Romane mit interessanten Handlungen und Charakteren. Auch hier musste ich das Buch an einem Wochenende durchlesen und konnte kaum Pausen machen, da ich wissen wollte, wie es weitergeht. Allerdings hat mir die "Magie" gefehlt, die mich vor allem in den früheren Romanen der Autorin so berührt hat, vor allem natürlich beim "Geisterhaus". Ich weiß nicht genau, woran es liegt: vielleicht weil die Handlung hauptsächlich in der heutigen Zeit spielt? Oder weil Alma so unnahbar ist, obwohl man immer mehr spürt, zu wie viel Liebe sie fähig ist, je weiter man liest? Oder, und das ist meine Hauptvermutung, weil das Buch mit zu vielen Themen vollgestopft ist? Es geht um den Zweiten Weltkrieg in Polen und Frankreich, die Internierung der Japaner in den USA, die Armut in Osteuropa, Kindesmissbrauch, Homosexualität und nicht zuletzt natürlich das Leben im Alter, Krankheit und Tod. Das ist ein bisschen zu viel und die meisten Themen werden noch dazu nur kurz angerissen.

Trotzdem ist es ein Allende-Roman, wie man ihn sich wünscht, und wie immer ist er auch sprachlich ein Genuss, wozu auch die Übersetzerin fantastisch beigetragen hat!