Rezension

Eine Hymne auf die Liebe

Der japanische Liebhaber - Isabel Allende

Der japanische Liebhaber
von Isabel Allende

Bewertet mit 5 Sternen

Ein weltklasse Roman über das Leben, Liebe und Tod: mächtig, vielschichtig, dramatisch, ausdrucksstark. Tolle Figuren, spannende Fragestellungen.

„Der japanische Liebhaber“ ist eine Hymne auf die Liebe, die über den Tod hinaus alles übersteht und überdauert.

Der Roman erzählt im Wesentlichen die Lebensgeschichte von Alma Belasco (geb. Mendel). Als kleines Mädchen wurde Alma Mendel von ihren Eltern vor dem Ausbruch des zweiten Weltkrieges von Danzig nach Amerika zur Tante geschickt, die dort ihre Familie und einen wohlhabenden Rechtsanwalt als Ehemann hatte. Bei der Familie Belasco wächst Alma auf, erlernt später einen Beruf und verbringt letztendlich ihr ganzes Leben.

Auch die Lebensgeschichten ihrer Freunde und ihrer Familien sind in den Erzählteppich hineingewoben worden. Großteil der Handlung liegt in der Vergangenheit und erzählt die Geschichten der Familien Mendel, Belasco, Fukuda, auch die von Irina und ihrer Großeltern in Moldawien. Die Reminiszenzen sind gut mit der Rahmenhandlung der Gegenwart verknüpft. Der Zeitrahmen umfasst ca. 90 Jahre: von 20-ger Jahren des 20 Jh. bis ca. ins Jahr 2010.

Themen wie Liebe, Freundschaft, insb. Gesellschaftsschichten und kulturellen Unterschiede übergreifende Männerfreundschaft, das Altwerden,  Leben und Sterben spielen in diesem Roman eine bedeutende Rolle, ebenso die Verfolgung der Juden, aber auch ein Thema, das nicht gerade oft literarisch verarbeitet wurde, wie die jahrelange Internierung der in USA lebenden Japaner und ihrer Kinder in einem Ghetto-ähnlichem Lager während des zweiten Weltkrieges, der Umgang mit der Homosexualität in den 60-ger Jahren in USA und später, das Leben der einfachen Menschen in Moldawien vor und nach dem Verfall der Sowjetunion.

Ohne unnötig zu romantisieren oder überflüssig zu dramatisieren, eher schlicht und ergreifend, ist dieser Roman erzählt worden. Mit dem Erzähler in der dritten Person, der hin und wieder einen Hang zum Allwissenden aufweist, gibt es recht viel Narrativ, aber das passt recht gut zum Stoff insgesamt. Da sind etliche spannende Lebens- und Liebesgeschichten in den Romanteppich hineingewoben worden, sodass das Werk nicht nur für die ausgewiesenen Romantiker/innen lesenswert sein dürfte.

Passend fand ich auch diese feinen Einsprengsel von Lebensweisheiten, wie z.B. Gedanken zum Glücklich, bzw. Zufriedensein, wie Schokostückchen in einem Stracciatellaeis, die hier und dort aufblitzen und die Geschichte insgesamt ungemein bereichern.

Die Figuren erscheinen authentisch, wie gerade dem Leben entsprungen. Jede der Figuren hat ihr Problem und/oder Geheimnis, das im Laufe der Geschichte gelöst/gelüftet wird, was für etliche Überraschungen sorgt.

Besonders herrlich fand ich die Männer der Familie Belasco: beruflich und gesellschaftlich über die Generationen hinweg erfolgreich wie pflichtbewusst, wohlhabend, verständnisvoll, großzügig, mit dem Herzen auf dem richtigen Fleck. Sie kamen mir ein wenig wie die edlen Ritter aus den Märchen vor. Da möchte man/frau einfach glauben, dass es solche Männer nicht nur auf den Seiten eines Romans gibt, das manchmal insgesamt wie ein Märchen anmutet: das beliebte Aschenputtel-Motiv und einige anderen, wie die Phase der Prüfungen, an denen die Heldin wächst, etc., sind auch dabei.

Alma Belasco als Figur, wie ihre Geschichte insgesamt, ist auch wunderbar geworden. Sie hat so ein spannendes wie bewegtes Leben gehabt, dass sie das Zeug hat, noch länger im Gedächtnis der Leser/innen zu bleiben, wie auch sämtliche Bewohner der Seniorenresidenz, in der Alma ihre letzten Jahre verbringt. „Der japanische Liebhaber“ ist durchaus ein Buch, das man/frau mehrmals lesen kann.

Insgesamt ist die Geschichte recht mächtig, keine leichte Kost, vielschichtig, dramatisch, ausdrucksstark und lädt zum Nachdenken ein: Was ist Glück? Welche Rolle spielt die Freundschaft, die Familie, die Liebe? Wie sah es damit früher aus, wie hat sich das heute verändert?

Fazit: ein sehr gut gelungener Roman über das Leben, die Liebe und den Tod. Dafür gibt es von mir die wohl verdienten 5 Sterne und eine klare Leseempfehlung.