Rezension

Nahezu ein Thriller

Verräterisches Lavandou -

Verräterisches Lavandou
von Remy Eyssen

Das hat nun wirklich nichts mehr mit beschaulicher Provence-Idylle, einem Gläschen Rosé und Boule spielen zwischen harmloser Ermittlung in der flirrenden Mittagshitze der sommerlichen Cote d‘Azur zu tun…

Die Gendarmerie national von Le Lavandou und Medecin legiste Leon Ritter müssen sich mit einem ganz besonders grauenvollen Leichenfund beschäftigen. Ein perfider Mörder hat eine grausam zugerichtete Mädchenleiche am Strand platziert, sowie Hinweise, die alle Alarmglocken schrillen lassen. Ein zweiter Leichenfund, erschreckende Parallelen zu einem Jahre zurückliegenden Fall und tatsächlich gleich mehrere Verdächtige rufen die Aufmerksamkeit des gesamten Polizeiapparates auf den Plan. Polizeichef Zerna ist wie immer an einer möglichst zügigen und öffentlichkeitswirksamen Auflösung interessiert und wie immer von der Gründlichkeit und der Tendenz zur Hinterfragung aller Fakten von Isabell Morell und vor allem Leon Ritter nicht zu begeistert. Ein furioser und dramatischer Showdown fehlt diesmal ebenfalls nicht und so langsam muss man in Frage stellen, wie beschaulich denn Le Lavandou wirklich ist, wenn hier Jahr für Jahr die absonderlichsten und grausamsten Kriminalfälle auftreten.

Ich habe bisher alle Bände der Reihe gelesen und bin begeistert vom diesjährigen Oeuvre des Autors. Generell gefällt mir diese Reihe deshalb so gut, weil es eben nicht nur um Essen und Trinken mit nebenbei bisschen Krimi geht, sondern wirklich die Fälle im Mittelpunkt des Geschehens stehen. Die ist auch hier wieder der Fall, und wie bereits erwähnt, die Grenze zum Thriller ist hier schon recht nahe und äußerst gelungen. Ich mag den Schreibstil des Autors, auch wenn die ein oder andere Wiederholung für mich nicht sein müsste (beispielsweise immer wieder Betonung oder Schilderung der Gedanken Leons zu seinem glücklichen beruflichen Wechsel in die Provence nebst Erwähnung des Wetterberichtes in der FAZ). Spannung existiert über die gesamte Länge des Plots, auch wenn ich diesmal merkwürdigerweise schon früh den richtigen Verdacht hatte. Die Protagonisten sind alle „gute Bekannte“ und handeln nach wie vor ihrem Charakterschema entsprechend und erwartbar – was ich eindeutig schätze in einer langjährigen Reihe, ich brauche da keine großartige Veränderung. Eine Entwicklung findet immer statt und das ist in Ordnung so.

Fazit: sehr guter neuer Band der Reihe, funktioniert aber auch ganz hervorragend als einzeln gelesener Roman, da die Horizontalhandlung nicht zu großen Raum einnimmt, bzw. zu viel voraussetzt.