Rezension

Paranormaler Jugendkrimi ohne viel Spannung

Whisper Island - Sturmwarnung - Elizabeth George

Whisper Island - Sturmwarnung
von Elizabeth George

Cover: Das Cover fand ich ziemlich nichtssagend und wenig ansprechend. Für mich sieht es eher nach einem Krimi für Erwachsene aus als nach einem paranormalen Buch mit Krimi-Elementen für Jugendliche. Vielleicht erklärt das z.T. auch die Kritiken von Lesern, die enttäuscht waren, weil sie etwas erwartet hatten, was näher an die Inspektor-Linley-Romane der Autorin herankommt.

Originalität: Telepathie ist in der Fantasy- und Science-Fiction-Literatur nichts Neues, aber die Autorin verbindet dieses Konzept hier mit der Geschichte einer Kleinstadt und der Geheimnisse, Ängste und Sehnsüchte ihrer Bewohner, sowie mit Krimi-Elementen: Becca wird von ihrem Stiefvater verfolgt; ein 16-jähriger Junge stürzt in einen Abgrund und liegt im Koma... Und die Frage ist: ist er wirklich gestürzt, oder wurde er gestoßen? Die Mischung fand ich durchaus originell, wenn auch in der Ausführung zum Teil etwas blass und unausgereift.

Spannungsaufbau: Trotz der Krimi-Elemente ist das Buch für mich in erster Linie kein Krimi, sondern ein Roman, in dem es vor Allem um die Abgründe hinter dem beschaulichen Leben in der kleinen Stadt geht. Deswegen hat es mich auch wenig gestört, dass sich die Spannung langsam entwickelt und nie wirklich den Level erreicht, den ich von einem Krimi oder Thriller erwartet hätte. Aber man muss sich eben bewusst sein, wenn man das Buch liest, dass man nicht zu viel Krimi erwarten sollte.

Charaktere: Die Charaktere sind meiner Meinung nach sehr unterschiedlich gelungen. Manche fand ich sehr lebendig und überzeugend, wie z.B. Debbie, die Frau, die Becca bei sich aufnimmt, und die seit Jahren vom Tod ihrer Tochter verfolgt und geplagt wird, oder Seth, der Junge, der Becca beisteht und ihr in den brenzligsten Situationen hilft, auch wenn er sich damit selber in Schwierigkeiten bringt. Auch Becca selber war mir sympathisch und ich fand sie sehr glaubwürdig. Andere Charaktere blieben blass und seltsam "blutarm", wie Diana, die ebenfalls eine übernatürliche Gabe zu verstecken scheint, oder Derric, der Junge, der gestürzt ist oder gestoßen wurde.

Schreibstil: Der Schreibstil ist sehr einfach und oft etwas holprig. Ich habe schon einige Romane von Elizabeth George gelesen, allerdings im englischen Original, und ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich den Schreibstil sperrig oder problematisch gefunden hätte - daher frage ich mich, ob hier vielleicht einfach die Übersetzung nicht 100%ig gelungen ist. Es gibt da eine Sache, die definitiv ein Problem der Übersetzung ist und die bestimmt irgendwie besser hätte gelöst werden können.

Tempo: Das Tempo ist meist ziemlich langsam. In vielen Passagen passiert nicht viel.

Romantik: Die Romantik in diesem Buch hat mich nicht wirklich überzeugt. Sie wirkte auf mich eher erzwungen, und so hat sie mich auch nicht großartig berührt.

Glaubwürdigkeit: Eine Menge Ereignisse machen nicht viel Sinn, und vieles löst sich zu problemlos in Wohlgefallen auf. Zum Beispiel findet Becca, nachdem sie erfahren hat, dass die Frau, bei der sie leben sollte, tot ist, mühelos eine Bleibe und kann auch ohne Weiteres in die Schule gehen, obwohl sie keine Papiere hat. Ich kann hier nicht näher darauf eingehen, ohne schon zu viel zu verraten...

Zusammenfassend würde ich sagen, dass ich das Buch trotz aller Schwächen im Großen und Ganzen gerne gelesen habe, es aber mit dem Gefühl beendet habe, dass es mich im Endeffekt nicht überzeugt oder zufriedengestellt hat.