Rezension

rasanter Anfang, der von Corona jäh gestoppt wurde.

Kreuzberg Blues -

Kreuzberg Blues
von Wolfgang Schorlau

Bewertet mit 4 Sternen

Passend zu den Themen dieser Tage habe ich das Buch von Wolfgang Schorlau „Kreuzberg Blues“ gelesen. Ob Mietendeckel, Enteignung von Vermietungsfirmen, Konsum von Drogen, weiche oder harte Kerle und natürlich Corona: dieser Krimi lässt nichts aus, was unsere Herzen zurzeit bewegt.

Vor diesem Buch kannte ich nichts von dieser Serie oder dem Autor. Gleich vorweg: Es ist nicht hinderlich, die ersten Bücher der Reihe nicht gekannt zu haben, macht aber Lust darauf. Und die Verfilmungen der Bücher, die im ZDF laufen, kenne ich auch noch nicht, werde ich aber so bald als möglich nachholen.

Die Charaktere, die wesentlich für diese Geschichte sind, werden gleich auf den ersten Seiten kurz umrissen. Wobei manche zwar während der Story noch tiefer beschrieben werden, was die Lebensgeschichte derer betrifft, sind aber meines Erachtens eher etwas für eine entsprechend längere Geschichte geeignet. Da deren Part nun nicht wirklich länger ist als andere, bin ich mir nicht sicher, was der Autor damit bezwecken wollte. Ab und an wird als Fußnote auf vorhergehende Werke hingewiesen, sind aber nur als Appetithäppchen zu sehen und nicht wirklich wichtig für den Krimi.

Dengler, ein Privatschnüffler, und seine Freundin Olga, eine begnadete Computerspezialistin, scheinen sich wunderbar zu ergänzen und zu lieben. Eine Freundin von Olga bittet um Hilfe. Ihr Kind wurde von einer Ratte in ihrem Bettchen angegriffen und verletzt. Man tippt auf den Vermieter, der den Wohnblock frei haben möchte, um teurer zu vermieten. Man ahnt es schon, es geht um Berlin. Rivalisierende Großkonzerne, die sich als Miethaie entpuppen und keine noch so unangenehme Aktion auslassen, um die sogenannten kleinen Leute raus zu ekeln.

Und schon sind wir mittendrin bei den Themen Enteignung, Volksabstimmung, Mietendeckel und warum das alles so entstanden ist. In atemberaubendem Tempo werden abwechselnd die Akteure begleitet, man mag das Buch kaum aus der Hand legen. Wer hat den Auftrag nun wirklich gegeben, die Ratten in einem Mietshaus auszusetzen, von der eine extrem aggressiv und bissig war.

Unterschwellig und von Anfang an spielt das mächtigste Virus unserer Zeit im Krimi mit. Zeitgleich mit dem ersten Lockdown stockt die Geschichte, das Tempo ist weg, es zieht sich plötzlich wie Kaugummi. Mein erster Gedanke war, na so ein shit, war doch gerade so spannend, es muss doch gleich das Ende kommen. Aber nein, geht ja nicht. Auch ein Dengler kann plötzlich nicht mehr so verreisen und seinen Ermittlungen nachkommen, wie er es gewohnt war. Dieser Bruch ist körperlich spürbar, erinnert an die eigene Geschichte, an die der Leserschaft. Und wir stecken ja immer noch mittendrin.

Was nicht fehlen darf in dieser Zeit, ist der allumfassende Geheimbund, der die Geschicke eines Landes maßgeblich leitet. In vielen Kriminalromanen taucht er inzwischen auf, egal für welches Land. Da werden Politiker, Industrielle, Personen aus wichtigen Ämtern überredet, überzeugt, dort mitzumachen. So soll der Rechtsstaat untergraben werden, die Stimmung im Land in eine bestimmte Richtung gedrängt werden. Wie nun hier dieser agiert, lest selbst.

Und nun hat das Bundesverfassungsgericht den Mietendeckel von Berlin gestoppt. Alles wieder auf Anfang. Und es ist, als wenn alles, was der Autor beschrieben hat, über die Ängste der Menschen, keine bezahlbaren Wohnungen mehr zu finden, bittere Realität war und ist. Nicht nur in Berlin. Mehr unter https://www.kiwi-verlag.de/buch/wolfgang-schorlau-kreuzberg-blues-978346...