Rezension

Reflektierter Rückblick auf die erste Liebe und schwere Zeiten der Selbstfindung

Sweet Sorrow - David Nicholls

Sweet Sorrow
von David Nicholls

Bewertet mit 4 Sternen

„Weil es, wie im richtigen Leben, so etwas wie Nebenfiguren gar nicht gibt.“

Der Jugendliche Charlie Lewis hat zum Zeitpunkt seines Schulabschlusses mit einigen Dämonen zu kämpfen. Nach der Trennung seiner Eltern lebt er mit seinem depressiven Vater zusammen und versucht so lange wie möglich von zuhause weg zu sein - aus seinem Leben zu fliehen. Mit seinen Freunden kam er während der Schulzeit gut aus, aber auch ihre Wege trennen sich zwangsläufig irgendwann. Was vor ihm liegt ist ein scheinbar einsamer und langweiliger Sommer. Das denkt er zumindest solange, bis er eines Tages auf einer seiner Fahrradtouren Fran kennenlernt, die ihn von vornherein fasziniert. Er möchte sie gerne wiedersehen, aber sie knüpft ein Treffen an die Bedingung, dass er bei dem Theaterstück „Romeo und Julia“, einstudiert von der Fünf Faden tief Genossenschaft teilnimmt. Theaterspielen ist seiner Ansicht nach überhaupt nichts für Menschen wie ihn, trotzdem gibt er der Sache eine Chance und erlebt einen schönen Sommer mit seiner ersten großen Liebe. Zwanzig Jahre später erhält er eine Einladung für ein Ehemaligentreffen dieser Theatergruppe. Doch ist er wirklich bereit dazu, Fran nach der langen Zeit wiederzusehen?

 

Der Großteil der Handlung spielt in dem Sommer Ende der Neunzigerjahre, in dem sich der Ich-Erzähler Charlie und Fran kennenlernen und den Spaß am Theaterspielen entdecken. Darüber hinaus erfährt Charlie, wie schön und aufregend die erste Liebe ist.

Es dauerte ein wenig, bis es gelang, vollkommen in die Geschichte einzutauchen und zu erkennen, worum es in diesem Buch wirklich geht. Wenn man jedoch erst einmal in der Geschichte drin war, war es ein schöner Lesegenuss und mal etwas anderes.

Der Schreibstil ist angenehm zu lesen. Der Leser hat das Gefühl, dass Charlie reflektiert und auch ein bisschen wehmütig auf diesen Sommer und seine Zeit mit Fran zurückblickt. Zudem hat der Leser durch detaillierte Beschreibungen der Atmosphäre und der Gefühle des Protagonisten das Gefühl, direkt bei den Geschehnissen dabei zu sein und die Höhen und Tiefen mitfühlen zu können.

Charlie ist ein zumeist sympathischer Charakter, bei dem man merkt, dass er sich unsicher und unwohl in seiner eigenen Haut fühlt. Er lebt nicht das Leben, das er sich gerne für sich selber wünschen würde, müsste aber erst einmal zu sich selbst finden, um konkrete Wege für seine Zukunft gehen zu können. Er hätte nie gedacht, dass dieser eine Sommer, der so hoffnungslos begonnen hat, eine so große Veränderung in seinem Leben darstellt. Diese Entwicklung von Charlie zu sehen, die umso deutlicher wird durch die wenigen Szenen, die im Hier und Jetzt spielen, erwärmt das Herz des Lesers.

Die Geschichte ist keineswegs langatmig, sondern hat ein gutes Tempo, bei dem es eine gute Handlungsdichte gibt, diese jedoch nicht erdrückend wirkt, sodass auch noch genügend Raum für die Tiefe der Geschichte vorhanden ist.

Es ist schön, dass so viele wichtige Themen, die Jugendliche und auch junge Erwachsene beschäftigen, wie Selbstfindung und Selbstakzeptanz eine so große Rolle spielen. Dadurch, dass der eigentliche Ausgangspunkt dieser Geschichte in der Gegenwart spielt, in der Charlie schon etwas älter ist, wirkt dieses Buch in sich rund und gibt dem Leser das Gefühl, dass nicht nur die Geschichte des jugendlichen Charlie, sondern so viel mehr erzählt wird und die Bedeutung der damaligen Erlebnisse für die Entwicklung und Prägung des Lebens erst durch die rückblickende Betrachtung richtig deutlich werden. Somit ist das Buch für so gut wie alle Altersklassen geeignet, ohne den Lesegenuss zu schmälern.