Rezension

"Sauerkrautkoma" von Rita Falk

Sauerkrautkoma - Rita Falk

Sauerkrautkoma
von Rita Falk

Bewertet mit 3 Sternen

Erster Satz
"Wie, München?", frag ich jetzt erst mal.

Um was geht's?
Endlich sollen dem Eberhofer seine Erfolge bei der Aufklärung diverse Morde und Geiselnahmen gewürdigt werden. Beförderung!! Doch die fällt so ganz anders aus, als der Franz sich das erhofft hat. Denn man ist der Ansicht, dass ein so begabtes, kriminalistisches Genie nicht in Niederkaltenkirchen versauern darf und versetzt den Eberhofer kurzerhand nach München zurück, an seine alte Wirkungsstätte. Doch wider Erwarten freut sich der Dorfgendarm so gar nicht über diese Ehre. Nicht nur, dass Franz sich daher in München eine überteuerte Wohnung nehmen muss, wo doch der Saustall gerade so schön wohnlich geworden ist. Nein, die viel größere Sorge ist doch: wer kocht denn zukünftig dem Franz sein Essen, wenn die Oma doch so weit weg ist. Doch bevor diese ganzen kleinen Probleme gelöst werden können, wartet da auch schon wieder ein ganz großes Problem auf den bayrischen Polizisten. Denn als der Papa mitsamt der Oma in München auftaucht, wird dem Papa sein heiß geliebter Admiral geklaut. Doch das eigentliche Problem entsteht erst, als das alte Auto auch wieder auftaucht. Denn jetzt liegt im Kofferraum die Leiche einer jungen Frau. Selbstredend nimmt der Eberhofer sofort die Ermittlungen auf. Als dann die Susi auch noch auf eine baldige Hochzeit drängt, kommt der Franz ganz schön ins Schwitzen.

So hat's mir gefallen
"Sauerkrautkoma" ist der nunmehr fünfte Fall für Franz Eberhofer. Nachdem ich beim letzten Teil doch einiges zu meckern hatte, hab ich darauf gehofft, dass Rita Falk beim neuen Buch wieder zur wahren Größe zurückfindet. Der Einstieg ins Buch ist mir wie eigentlich immer leicht gefallen, da zumeist große Vorkenntnisse gar nicht nötig sind. Trotzdem war ich dieses Mal doch etwas schockiert, denn der Eberhofer soll weg von Niederkaltenkirchen!! Für den eingefleischten Eberhofer-Fan ein Skandal! Immerhin macht doch gerade Niederkaltenkirchen mit seinen liebevollen und manchmal auch verrückten Charakteren den Charme dieser Reihe aus. Kein Flötzinger mehr, kein Leopold mehr, keine Susi mehr, kein Simmerl mehr.. und am schlimmsten: keine Oma mehr? Da war ich erst mal fassungslos. Da hat Frau Falk die Geschichte wieder mit einem Paukenschlag eröffnet.

Dieser Paukenschlag zieht aber einen Rattenschwanz hinter sich her, der mir dann nicht so gut gefallen hat. Der Franz arbeitet also ab jetzt in München, in seinem alten Revier und als Leser habe ich erwartet, dass jetzt andere Saiten aufgezogen werden. Immerhin hat der Eberhofer bisher immer gut machen können, was er wollte. Einen direkten Vorgesetzten hatte er nicht und auch keine Kollegen, mit denen er sich arrangieren musste. Durch die Versetzung hat Rita Falk sich selbst eine Möglichkeit geschaffen, Konfliktherde zu behandeln und dem Eberhofer wieder zur alten Form kommen zu lassen. Obwohl ich anfangs skeptisch war, ob mir der Eberhofer auch in München gefallen könnte, hab ich mich nach kurzer Eingewöhnung irgendwie darauf gefreut, mal etwas Neues zu lesen. Doch irgendwie ändert sich durch die Versetzung nur wenig. Der Franz schläft trotzdem die meiste Zeit in Niederkaltenkirchen in seinem Saustall, wenn er mal zum Essen nicht daheim sein kann, steht die Oma natürlich mit Selbstgekochtem auf der Matte. Und auch das Arbeiten in einem Polizeirevier bleibt total auf der Strecke. Der neue Chef scheint froh zu sein, wenn der Franz einfach nie da ist und bis auf eine Kollegin meidet der Eberhofer auch die. Sehr schade, da wäre so viel Raum gewesen, um die Geschichte richtig nett auszugestalten.

Dafür trifft man auch im fünften Teil wieder auf alle liebgewonnenen Charaktere. Doch wer meine Rezension zu "Griessnockerlaffäre" gelesen hat, weiß, dass ich selbst mit denen momentan so meine kleinen Weh-Wehchen habe. Allen voran... wie könnte es anders sein... Franz Eberhofer himself. Seine ewigen Frauengeschichten gingen mir schließlich doch sehr auf die Nerven, doch in "Sauerkrautkoma" scheint er sich ENDLICH ENDLICH gefangen zu haben. So wie es den Anschein machte, schippern der Franz, die Susi und mit ihnen gemeinsam auch ich auf ein Happy End zu. Nach Zureden vom Simmerl und dem Papa kann der Franz sich endlich dazu durchringen, der Susi einen Heiratsantrag zu machen. Und, mein Gott, das war mal ein Heiratsantrag, wie es ihn kein zweites Mal geben kann. Ich war gerührt und berührt gleichzeitig, ein wirkliches Meisterstück der Autorin. Es hätte so schön sein können.... wenn der Eberhofer beim Zusammentreffen mit der nächstbesten Frau die Hosen anbehalten hätte. Dass der Eberhofer vielleicht ein kleiner Schürzenjäger ist, das ist ja noch in Ordnung. Aber dass er praktisch während des Verlobungsring-Aussuchens seine Kollegin flachlegt, da hört es irgendwo auf. Das Problem an der Sache ist: der Franz wird mir dadurch einfach unsympathisch und die Bücher leben davon, dass der Leser die Charaktere gern hat.
Auch mit der Susi hatte ich so meine Schwierigkeiten. Stellenweise hatte ich unglaublich Mitleid mit ihr, aber ihre Reaktionen waren zum Reinschlagen. Einzig und allein die Nebencharaktere, wie die Oma, der Papa, der Simmerl und co., konnten mich wieder absolut begeistern und überzeugen.

Der Mord, den der Eberhofer zum Aufklären hatte, hatte ebenfalls seine Höhen und Tiefen. Die ursprüngliche Idee fand ich toll. Da freut man sich, dass ein geklautes Auto wieder auftaucht und dann liegt da plötzlich ne Leiche im Kofferraum. Die tote Frau arbeitete als Kindermädchen bei einer wohlhabenden Familie und ist lange Zeit über sehr undurchsichtig. Allerdings fand ich die Auflösung des Kriminalfalles doch sehr an den Haaren herbeigezogen bzw. hat mich nicht wirklich überzeugt. Bei den anderen Teilen der Reihe stand zwar noch nicht das Verbrechen im Vordergrund, aber ich wollte zumindest immer wissen, wie die Geschichte ausgeht. Dieses Mal hat sich die Spannung immer weiter verflüchtigt und letztlich war es mir egal, wer das junge Mädchen jetzt umgebracht hat.

Ein besonderes Schmanckerl der kompletten Reihe ist selbstverständlich Rita Falks einzigartiger, unnachahmlicher Schreibstil. Die Seiten fliegen nur so an mir vorbei und ich würde ewig in diesem Buch lesen, wenn es nicht immer so schnell vorbei wäre. Rita Falk ist meiner Meinung nach die Königin des bayerischen Provinz-Krimis und ihre Eberhofer-Bücher verdienen schon deshalb immer eine Mindestanzahl an Sternen, Herzen, Punkte oder mit was man eben sonst so ein Buch bewertet. Sie schafft es wie keine andere, ihren Charakteren Leben einzuhauen und ihnen unverwechselbare Eigenschaften zu geben.

Einen zusätzlichen Plus-Punkt gibt es dieses Mal auch eindeutig für den Schluss des Buches, denn der hat mich wirklich überrascht und lässt den Leser außerdem mit einem wirklich miesen Cliffhanger zurück. Der sechste Teil "Zwetschgendatschikomplott" ist erst vor wenigen Wochen erschienen und ich bin so froh, dass ich "Sauerkrautkoma" erst jetzt gelesen habe, da ich andernfalls vor Neugierde die Wände rauf gegangen wäre. Ich muss unbedingt wissen, wie es weiter geht!

Und zum Schluss...
"Sauerkrautkoma" konnte mich wieder nicht so sehr begeistern, wie es die ersten drei Teile der Reihe getan haben. Rita Falk macht ihren eigenen Helden zu einem unsympathischen Schwachkopf und schöpft in diesem fünften Teil das Potential, das die Geschichte hätte, gar nicht aus. Trotzdem lohnt sich das Buch schon allein wegen des Schreibstils, der Frau Falk so eigen ist. Der Kriminalfall ist dieses Mal so gar nicht gelungen, dafür wird der Leser nochmal mit einem ereignisreichen Ende belohnt. Ich persönlich bin auf jeden Fall froh, dass ich den sechsten Teil "Zwetschgendatschikomplott" bereits hier liegen habe und freue mich darauf, obwohl dieser Teil etwas schwach war.