Rezension

Sonnenmilch und hausgemachte Limonade

Schallplattensommer -

Schallplattensommer
von Alina Bronsky

Bewertet mit 5 Sternen

Irgendwie hat es die eigenwillige Maserati geschafft, die Zeit in ihrem Leben anzuhalten. Schule interessiert die Sechzehnjährige nicht mehr, stattdessen hilft sie im Imbiss ihrer Oma aus. Hier geht es zu wie früher, und das mögen die Leute: Es gibt Johannisbeer-Baiser-Kuchen, Teigtaschen mit dreierlei Hack und Limonade - alles selbstgemacht. Und wenn was fehlt, kommt kein Lieferant, dann nimmt Maserati das Fahrrad und holt Nachschub aus dem Dorf. Es ist Sommer am See, und man ist als Leser mittendrin, riecht das überreife Obst, verscheucht die Fruchtfliegen, hört den Lärm der Badegäste und schnuppert Sonnenmilch in der Luft. 

Dann kommen Theo und Caspar. Ihre Eltern haben die alte Villa am Ende der Hauptstraße gekauft. Und auf einmal taucht diese Schallplatte auf. Der Tonträger konserviert nicht nur Musik aus einer anderen Zeit, die Platte fördert verdrängte Familiengeschichten zutage. 

Spannend und voller Atmosphäre kommt „Schallplattensommer“ daher, weil nichts an der Geschichte vorhersehbar ist und die Verständnislücken sich erst ganz allmählich schließen. Ein Buch für alle Sinne, wenn es auch nur wenige Stunden währt, denn es ist kaum 190 Seiten dünn. Man sollte es lesen. Wenn es geht, im Hochsommer. Bevorzugt an einem See.