Rezension

Stimmungsvoller Psychothriller

Die Stimme - S. K. Tremayne

Die Stimme
von S. K. Tremayne

Bewertet mit 4 Sternen

Jo lebt in einer modernen Wohnung, die vollgepackt mit digitalen Assistenten ist. Die kleinen technischen Helferlein sollen für ein angenehmes Leben sorgen. Plötzlich spricht die Home Assistentin Jo direkt an - und sie hat Dinge zu sagen, die niemand außer Jo selbst wissen kann. 

„Die Stimme“ ist ein Psychothriller, der den Leser ins digitale Zuhause zieht, und für spannende Lesestunden sorgt. 

Ich habe schon mehrere Bücher von S. K. Tremayne gelesen. Einige haben mich begeistert, andere waren weniger meins. In diesen Thrillern hat der Autor mit gruseliger Atmosphäre am Rande zum Schauerroman gespielt. Bei „Die Stimme“ zieht es dem Leser ebenso die Gänsehaut auf, obwohl sich der Psychothriller auf sehr modernen Boden bewegt.

Journalistin Jo steht mitten im Leben und fühlt sich trotzdem an den Rand gedrängt. Ihre Ehe ist gescheitert, ihre Karriere gibt nicht viel her und zum eigenen Ungemach wohnt sie zur Untermiete bei einer Freundin, weil das Leben in London teuer ist. 

Der Vorteil ist, dass Jo die hochmoderne Wohnung fast für sich alleine hat, und ihr technischer Schnickschnack jeder Art zur Verfügung steht. Doch plötzlich spricht Electra - der wohnungseigene Home Assistent - mit ihr, obwohl sie nicht gefragt worden ist. 

Die Merkwürdigkeiten häufen sich und Electra zieht die Schlinge immer enger um ihre ‚Hausherrin‘. Oder hat Jo einen schizophrenen Schub, der die Erklärung für die horrenden Eskapaden ist?

S. K. Tremayne zeigt mit „Die Stimme“ wie sehr wir der Technik in unserem Leben ausgeliefert sind. Dieser Part ist hervorragend umgesetzt. Sobald wir die Kontrolle über eBanking, die Email-Accounts, das Smartphone und die Home Assistenten verlieren, steht unser digitales und gleichermaßen analoges Leben am Spiel. Anhand eines spannenden Psychothrillers arbeitet Tremayne die Facetten des technikbasierten Alltags auf, und es stellt sich anhand der Gefahren in der Realität Gänsehaut ein. 

Richtig gut gefallen hat mir, neben dem durchaus realen Hintergrund um die Risiken technischer Helferlein, der Spannungsbogen, wodurch dieser Thriller zum Pageturner wird. 

Protagonistin Jo weiß nicht wie ihr geschieht. Ist Home Assistentin Electra gegen sie in den Krieg gezogen oder ist eine aufkeimende psychische Erkrankung der Grund? Sie zieht sich selbst in Zweifel, verdächtigt Freunde, Bekannte und Familienmitglieder, geht diverse Möglichkeiten gedanklich durch und kommt zum Schluss, dass sie keine Ahnung hat. 

Tremayne streut dermaßen geschickt Zweifel ein, dass die Stimmung von Kapitel zu Kapitel schwankt. Einen Moment lang denkt man, dass die Protagonistin eindeutig am Durchdrehen ist, und schon kommt ein Hinweis, der einen vom Gegenteil überzeugt. Dieses Blatt wendet sich am laufenden Band, wodurch es ein fesselnder Psychothriller ist. 

Nur mit Jos Alkoholkonsum wurde ich nicht warm, obwohl der ebenfalls für unüberschaubare Situationen sorgt. Ich an ihrer Stelle hätte mir bestimmt nicht ein Gläschen Wein nach dem anderen hinter die Binde gekippt. 

Das Ende war mir zu übertrieben, aber ich weiß selbst, dass ich bei Thrillern und deren Ausgang heikel bin. Eine Spur düsterer hätte es mir vermutlich besser gefallen, trotzdem wird es allemal dem Genre gerecht. 

Im Endeffekt ist „Die Stimme“ ein fesselnder, vor psychologischer Spannung triefender Psychothriller, der dem Leser die Gefahren unseres digitalen Alltags zeigt, und dadurch zu packen weiß.