Rezension

Thriller meets Struwwelpeter

Todesfrist - Andreas Gruber

Todesfrist
von Andreas Gruber

Bewertet mit 5 Sternen

Sabine Nemez ist als Kommissarin im Münchener Kriminaldauerdienst tätig. Eines Tages muss sie einen schrecklichen Fund machen: Ihre Mutter wird ermordet in einer Kirche aufgefunden – jemand hat sie mit schwarzer Tinte ertränkt. 48 Stunden zuvor erhielt ihr Vater die Aufgabe, ohne Hilfe der Polizei den Grund für die Entführung herauszufinden, um seine Ex-Frau zu retten. Nun wird er jedoch selbst verdächtigt. Sabine ist überzeugt von seiner Unschuld und möchte den wahren Täter fassen. Unterstützung erhält sie von Maarten S. Sneijder, einem Kripopsychologen vom BKA. Dieser erklärt ihr, dass es in den letzten Wochen zu ähnlichen Morden kam – eine Frau in Köln wurde von Hunden zerfleischt, eine weitere in Leipzig verbrannt. Doch noch hat der Mörder nicht alle Struwwelpeter-Geschichten nachgestellt. Können die beiden weitere Morde verhindern?

Die Geschichten vom Struwwelpeter sind wohl beinahe jedem bekannt. Dieses Buch für Kinder polarisiert - manch einer fragt sich wohl, ob diese doch recht grausamen Geschichten wirklich pädagogisch wertvoll sind. Was passieren könnte, wenn ein Psychopath diese Geschichten als Drehbuch für Entführung und Mord heranzieht, das zeigt das Buch von Andreas Gruber.

Der Autor gibt dem Leser Einblick in drei verschiedene Handlungsstränge, die sich dem Geschehen aus völlig verschiedenen Blickwinkeln nähern. Die Ermittlerin Sabine Nemez erhält den meisten Raum in der Geschichte, und ihre Ermittlungen gemeinsam mit Maarten S. Sneijder waren spannend und nervenaufreibend. Mit dem Kripopsychologen Sneijder hat Gruber eine kontroverse und gleichzeitig geniale Figur erschaffen. Obwohl er objektiv betrachtet ein echter Kotzbrocken ist, konnte er sich allmählich meine Sympathien erschleichen. In Bezug auf die Ermittlungen wusste der Leser zwar immer, in welche grobe Richtung sich die Geschichte entwickeln würde, trotzdem wurde ich immer wieder von plötzlichen Wendungen überrascht. In einem zweiten Handlungsstrang wird die Geschichte von Helen erzählt, die in Wien wohnt. Während die Ermittlungen in München anlaufen, erhält sie vom Mörder ein 48-Stunden-Ultimatum, um eine Person zu retten. Ein dritter Handlungsstrang blickt in die Vergangenheit. Die Zusammenhänge zur Gegenwart werden im Laufe der Geschichte immer klarer und sorgen ebenfalls für Überraschungen.

„Todesfrist“ ist ein spannender und temporeicher Thriller, der mich vor allem mit seinen vielschichtigen Charakteren, den verschiedenen Perspektiven und einer gelungenen, grausigen Umsetzung der Struwwelpeter-Geschichten überzeugen konnte. Ich empfehle das Buch gerne weiter.