Rezension

Tiefgründig und emotional

Guy's Girl -

Guy's Girl
von Emma V.R. Noyes

Bewertet mit 4.5 Sternen

Die lebenslustige Ginny hat ihren College Abschluss in Harvard geschafft und beschließt zurück in die WG mit ihren Jungs, ihren besten Freunden, zu ziehen. Sie war schon immer diejenige, die sich besser mit Jungs als mit Mädchen verstand. Durch diese WG lernt sie auch Adrian Silvas kennen, zu dem sie sich auf Anhieb angezogen fühlt und auch Adrian ist nicht abgeneigt. Was sie allerdings nicht voneinander wissen, sind die inneren Konflikte, die sie mit sich herumtragen und die es scheinbar unmöglich machen, sich auf eine Beziehung einzulassen.
Ich weiß noch gar nicht, wie ich diese Rezension beginnen soll, denn diese Geschichte ist sehr tiefgründig, emotional und berührend. Man spürt einfach, dass die Autorin hier auch ihre eigenen Erfahrungen mit Anorexie und Bulimie verarbeitet hat, denn sie beschreibt die Gefühle und Gedanken der Protagonistin so intensiv, dass man einfach jede Entwicklung nachempfinden kann.
Zugegeben, der Beginn war nicht so einfach, denn zum einen benötigte ich einen Moment, um mich an den Schreibstil zu gewöhnen und es geschah irgendwie nicht viel. Doch dann begann sich die Geschichte zu entwickeln und ich merkte, wieviel hier wirklich hintersteckt. Musste man zu Beginn noch viel zwischen den Zeilen lesen, wurde nach und nach immer deutlicher, worum es wirklich geht.
Erzählt wird das Ganze aus wechselnden Perspektiven zwischen Ginny und Adrian. Je mehr das Buch voranschreitet, desto mehr wird deutlich, dass beide Charaktere eine Maske tragen. Immer mehr erfährt man, was hinter Ginnys Fassade lauert, denn sie ist nicht halb so selbstbewusst, wie sie scheint. Innerlich voller Selbstzweifel, möchte sie alles tun, um anderen zu gefallen und deren Erwartungen zu treffen. Dabei zerstört sie sich immer mehr und aus der anfänglichen Magersucht entwickelt sich eine Bulimie. Die Beschreibungen dazu waren hart und genau so sollte es auch sein, denn die Autorin rüttelt damit auch wach. Ginny schafft es nämlich, ihre Esstörungen zu verbergen, auf eine Art, die Gänsehaut macht. Die Triggerwarnung am Anfang des Buches sollte hier wirklich ernst genommen werden. Im vorletzten Abschnitt des Buches erfährt man noch mehr über Ginny, da sie hier Tagebuch schreibt und man hier noch intensiver über das Innenleben der jungen Frau erfährt. Hier wird es dann richtig emotional.
Auch Adrian lernt man nach und nach immer besser kennen. Er ist sehr verschlossen und verbirgt jede Art von Gefühl hinter einer inneren Mauer. Er handelt ganz nach dem Motto, wer keine Beziehungen zulässt, kann nicht verletzt werden. Dabei muss er allerdings lernen und akzeptieren, dass nichts im Leben eine lebenslange Garantie auf glücklich sein gibt. Ich mochte ihn und konnte auch ihn gut verstehen, vor allem, nachdem man mehr über seine Geschichte erfahren hat.
Ansonsten bleiben die Charaktere überschaubar, allerdings hat die Autorin auch wirklich ihr Augenmerk auf die Protagonisten gelegt, ganz besonders auf Ginny.
Mein Fazit: Wer temporeiche, spannende Geschichten mag, könnte hier Schwierigkeiten haben, um mit der Geschichte klar zu kommen. Allerdings hat die Autorin für mich hier ein Buch geschrieben, dass ganz tief ins Herz geht und berührt. Sie rüttelt wach, es ist wie eine Bitte, mehr auf seine Mitmenschen zu achten. Gerade Ginnys Esstörungen werden einfach nicht bemerkt, dabei hätte man ihr vielleicht viel eher helfen können. Die Triggerwarnung sollte unbedingt ernst genommen werden, denn mich hat die Autorin schon emotional getroffen, ich weiß nicht, wie man als selbst Betroffener hier reagieren könnte. Letzten Endes gibt es 2 ganz wichtige Botschaften: passt mehr aufeinander auf und versucht nicht, es immer allen recht zu machen, denn dabei könnte man selbst zerbrechen.