Rezension

Toll, toll, toll!

Der Fälscher, die Spionin und der Bombenbauer - Alex Capus

Der Fälscher, die Spionin und der Bombenbauer
von Alex Capus

Ein Buch des Schweizer Schriftstellers Alex Capus habe ich bereits auf dem Blog rezensiert und zwar das Buch „Léon und Louise“. Nun habe ich das aktuelle Buch von Capus gelesen und muss sagen: Ich bin SO begeistert.

Alles, was ich beim vorherigen Buch noch kritisiert habe, ist hier wunderbar. Und alles, was ich beim vorherigen Buch gelobt habe, ist noch wunderbarer.

„Der Fälscher, die Spionin und der Bombenbauer“ – der Name sagt doch eigentlich schon, worum es in dem Buch geht, oder nicht?

Der Fälscher – namentlich Emile Gilliéron, ein Schweizer Junge, der eigentlich Künstler werden will und zum größten Fälscher der Archäologie und Kunst wird. Das bekannte historische (minoische) Kunstwerk „Blue Boy“ stammt von ihm. Er arbeitete einst mit dem Archäologen Arthur Evans daran, den Palast von König Minos auf Kreta auszugraben und zu rekonstruieren. Und bei dieser Rekonstruktion sind ihm wohl einige… Fehler unterlaufen.

Die Spionin – namentlich Laura d’Oriano, eine junge Italienerin, die eigentlich Sängerin werden möchte und zur einzigen jemals hingerichteten Frau in Italien wird – verurteilt als französische Spionin im 2. Weltkrieg.

Der Bombenbauer – namentlich Felix Bloch, sicherlich der bekannteste dieser drei historischen Figuren. Ein pazifistischer Schweizer, der eigentlich Gullideckel gestalten will, dann aber zum besten Schüler Heisenbergs und zum Pionier der Atomphysik in den USA wird und später gemeinsam mit Robert Oppenheimer die Atombombe entwickelt.

Alle diese drei Personen, deren (reale!) Lebenswege hier rekonstruiert werden, haben eigentlich nichts gemeinsam. Außer einen Moment in ihrem Leben – im November 1924, als sich alle zur gleichen Zeit am Zürcher Bahnhof befunden und sich gegenseitig gesehen haben könnten.

Wie oft sitzt man im Zug und sieht Menschen, die am Bahnsteig stehen, aus Zügen aussteigen oder in andere Züge einsteigen. Und jeder hat sich doch wahrscheinlich schon mal gefragt, was diese Menschen jetzt wohl machen, wohin sie fahren. Was sie für ein Gefühl dabei haben. Und Alex Capus hat eine dieser Geschichten erzählt. Und sich dafür drei außergewöhnliche historische Persönlichkeiten ausgesucht.

Abwechselnd erzählt er ihre Lebenswege, die sich bis auf diesen einen Abend in Zürich nicht berühren, sich sogar in unterschiedlichen Ländern abspielen.

Bemerkenswert dabei ist, wie auch schon in „Léon und Louise“ vor allem Alex Capus Schreibstil, der distanziert, geradezu unbeteiligt wirkt. Und dadurch erst die ganze Kraft der Situation darstellt. Der den Figuren Raum gibt, sich selbst auszudrücken, ohne dass eine Erzählerfigur dies oder das bemerkt oder vermutet oder bewertet.

Dadurch ist das Buch zwar recht dünn und liest sich sehr schnell, aber es ist so wahnsinnig viel Inhalt in diesen wenigen Seiten!

Man hätte aus dem Buch auch einen 2000- Seiten- Schinken machen können. Aber dies nicht zu tun, sich darauf zu beschränken, was essentiell ist: Das macht Capus zu so einem guten Schriftsteller. Der auch mal schweigen kann, sodass der Leser sich seinen Teil denkt.

Der es schafft, drei so unterschiedliche Lebenswege miteinander zu verbinden und sie alle gleichwertig darzustellen. Der es fertigbringt, dass man mit allen Figuren mithofft und mitleidet und sich mit ihnen freut, wenn ihnen etwas Gutes widerfährt.

Zusammenfassend also: In „Léon und Louise“ brauchte ich noch (wie auch in der Rezension beschrieben) ungefähr ein halbes Buch, um mich mit Capus und seinen ungewöhnlichen Figuren anzufreunden. In „Der Fälscher, die Spionin und der Bombenbauer“ hatte ich diese Probleme nicht mehr. Vom ersten Satz an war ich von diesem Buch gefesselt. Und das nächste Buch liegt somit schon auf meinem Stapel der Neuerwerbungen.

Kommentare

Britta Röder kommentierte am 08. März 2014 um 16:50

Klasse, noch ein Titel auf den ich mich richtig freue. Seit Entdeckung von Leon und Louise  verschlinge ich Capus Bücher ebenfalls. Wer mag- es gibt von mir auch eine Rezi zu Capus' "Reisen im Licht der Sterne". Dieses Buch hier wartet noch auf mich.