Rezension

Über dieses Buch darf man eigentlich nichts verraten.

Drei - Dror Mishani

Drei
von Dror Mishani

Bewertet mit 5 Sternen

Ein psychologisches Meisterwerk. Dror Mishani hat drei Frauenfiguren geschaffen, mit denen die Leser eine gefährlich nahe Bindung eingehen. Die Story wird nicht gelesen, sondern inhaliert. Drei Frauen und ein Mann namens Gil, Anwalt aus Tel Aviv. Eine Frau sucht ein wenig Trost, nachdem ihr Mann sie und ihren Sohn verlassen hat. Eine zweite Frau sucht nach einem Zuhause und nach einem Zeichen von Gott, dass sie auf dem richtigen Weg ist. Eine dritte Frau sucht etwas ganz anderes. Sie alle finden denselben Mann. Es gibt vieles, was sie nicht über ihn wissen, denn er sagt ihnen nicht die Wahrheit. Aber auch er weiß nicht alles über sie. Gil ist ein einfühlsamer Zuhörer - wenn man ihm Glauben schenkt. Orna lernt Gil über ein Dating-Portal kennen, sie ist frisch geschieden und sucht Trost. Auch Emilia wird sich Gil anvertrauen, die Pflegekraft aus Lettland ist sehr einsam. Gil wird Orna und Emilia zu einem Kurztrip nach Bukarest einladen. Er hat sich emotional verstrickt und wird sie überraschen. Als Gil in einem Cafe Ella kennen lernt, probiert er bei ihr die selbe Masche. Dieser Roman ist ein tödliches Zusammenspiel. Gil, der israelische Geschäftsmann lernt gern Frauen kennen, gibt sich zunächst mäßig interessiert, wird jedoch bald fordernd und überredet sie zu der gemeinsamen Reise nach Osteuropa. Er verfolgt ganz eigene undurchsichtige Pläne. Durch ihre Bedürftigkeit haben die Frauen ihm wenig entgegenzusetzen, Warnsignale werden ignoriert. Doch ein jeder trifft einmal seinen Meister. Der Leser beginnt zu ahnen, dass sich die Dinge sehr unschön entwickeln könnten, dass man sich jetzt vielleicht doch besser davon machen und die Dinge einfach auf sich beruhen lassen sollte, keine Spielchen mehr, noch könnte alles gut werden. Aber man verpasst den Zeitpunkt zum Ausstieg aus der Geschichte ebenso wie ihre Heldinnen, und ab da geht alles seinen unaufhaltsamen Gang….und der Leser ist noch längst nicht am Ende des Romans. Ein Ende übrigens, das allzu vorhersehbar erscheinen könnte, wäre nicht auch das wieder ein meisterhaft subtiles Spiel, das der Autor mit den Lesern spielt, und bliebe da nicht dieser kleine quälende Stachel aus Unbehagen... Der nüchtern-sachliche Schreibstil hat mich eine distanzierte, eher teilnahmslos-beobachtende Position einnehmen lassen. Genaue Seelenarbeit: leise, feine Spuren, die auf Abwege führen...und an innere Abgründe. In denen jeder stecken kann. Meisterhaft geschrieben. Geniale psychologische Literatur. Abgründig vom Feinsten!