Rezension

Was ist einfacher - leben oder sterben?

Wenn ich bleibe
von Gayle Forman

Inhalt:

Die unscheinbare Cellistin Mia hat in Adam, Leadsänger einer Punkrockband, ihre große Liebe gefunden. Doch als das Abschlussjahr in der High School langsam zu Ende geht, muss Mia sich entscheiden - zwischen zwischen ihrer Liebe zur Musik in Form eines Angebots von Julliard in New York, weit weg von Zuhause, und ihrer Liebe zu Adam. Die Beziehung der beiden wird auf eine harte Probe gestellt, doch schon bald passiert ein tragisches Ereignis, das Mia zu einer viel wichtigeren Entscheidung zwingt: Bei einem dramatischen Autounfall verliert Mia beide Eltern und ihren kleinen Bruder Teddy. Sie selbst überlebt schwer verletzt, fällt ins Koma und niemand weiß, ob sie es schaffen und wieder aufwachen wird. In Form einer Nahtod-Erfahrung, betrachtet Mia alle Ereignisse am Unfallort und im Krankenhaus außerhalb ihres Körpers und weiß nicht, wie sie sich entscheiden soll: Wie kann sie bleiben, ohne ihre Familie? Wie gehen, ohne Adam?

 

Bewertung:

Ich muss gestehen, dass ich nicht so der Fan bin von eigentlich realen Geschichten, die dann in Richtung Fantasy abweichen. Deshalb habe ich eine Weile gebraucht, um mich daran zu gewöhnen, das Mia in Form eines...Geistes? Engels? Ihrer Seele?...durch das Krankenhaus wandert, Gespräche belauschen und erfahren kann, was mit ihrer Familie passiert ist. Und da der Unfall direkt zu Beginn des Buches geschieht, ist dies im Laufe des kompletten Romans der Fall. Genauso wenig bin ich Fan davon, wenn eine Geschichte ständig zwischen der Vergangenwart und der Gegenwart hin und her switcht, weil ich finde, dass man dann nicht so richtig in die Geschichte eintauchen und mit den Protagonisten mitfühlen kann, wenn die gegenwärtige Handlung dauert durch Frequenzen aus der Vergangenheit unterbrochen wird. Trotzdem war ich von "Wenn ich bleibe" sehr begeistert, weil es ein unglaublich gefühlvoll geschriebener Roman ist und sich die einzelnen Sequenzen aus Vergangenheit und Gegenwart gut ineinander einfügen. Gayle Forman hat viele großartige Protagonisten mit starken Charakteren geschaffen und man selbst kann sich so gut in Mias verzweifelte Lage hineinversetzen, da man sowohl ihre Eltern und Teddy als auch Adam einfach lieben muss und sowohl den Verlust der einen als auch den des anderen als unglaublich schmerzvoll empfindet. Mia und Adam haben eine wundervolle realistische Liebesgeschichte ohne jeden Kitsch oder übertriebene Romantik, sondern mit allen anfänglichen Holprigkeiten und späteren Problemen, die eine Beziehung einfach auch mit sich bringt, gerade wenn man noch so jung ist und nicht weiß, wohin einen das Leben führen wird. Generell spart Forman sich in ihrem Roman jegliche Gefühlsduselei und Dramatik, sondern betrachtet die Geschichte "nüchtern" und mit der angemessenen Ernsthaftigkeit, die eine solche Situation abverlangt und ich glaub gerade das hat mir an dem Roman so gut gefallen. Der gesamte Roman spielt in einem Zeitfenster von 24 Stunden und es wäre unlogisch gewesen, wenn in so kurzer Zeit nach einem so schrecklichen Unfall andere Gefühle deutlich geworden wären, als Unter-Schock-stehen und Fassunglosigkeit, da noch keiner wirklich realisieren kann, was passiert ist. Und genau so ist auch Mias Erzählweise den ganzen Roman hindurch: nüchtern und neutral, als stünde sie noch völlig unter Schock, und diese Erzählweise bzw. dieser Schreibstil ist einfach so passend, dass die Geschichte sehr realitätsnah wirkt.