Rezension

Was macht das Leben aus?

Wenn ich bleibe
von Gayle Forman

Bewertet mit 5 Sternen

Portland, 7:09 Uhr. Durch leichten Schneefall wird im Radio bekannt gegeben, dass die Schule geschlossen bleibt. Gute Neuigkeiten für Denny Hall, Lehrer an der hiesigen Highschool, seine siebzehnjährige Tochter Mia und ihren fünfjährigen Bruder Teddy.  Spontan entschließt sich auch Frau Hall frei zu nehmen und so planen Sie zusammen die Großeltern zu besuchen.

Fahrbahn, 8:17 Uhr. Musik ist in Mias Familie ein zentrales Thema. Mias Mutter hat ihren Mann, einen ehemaliger Hobbymusiker in einer Punkband durch die Musik kennen und lieben gelernt. Auch ihr kleiner Bruder übt schon begeistert auf seinem Schlagzeug. Nur Mia fällt etwas aus der Reihe. Ihre Leidenschaft gehört der klassischen Musik. Seit Sie zehn Jahre alt ist, spielt Sie Cello.

Und so entfacht im Auto die übliche Debatte, welcher Sender eingeschaltet werden soll. Denny Hall führt "die Verhandlung". Teddy darf im CD-Player SpongeBob hören, und nach den Nachrichten wird der klassische Sender eingeschaltet.

Man sollte nicht glauben, dass das Radio danach noch funktioniert. Aber das tut es tatsächlich.

Der Wagen ist wie ausgeweidet. Der Aufprall des Kleinlasters, der sich mit beinahe hundert Stundenkilometer in die Beifahrerseite pflügte, hatte die Wucht einer Bombe.

S. 22

Nach dem Unfall ist Mia die erste, die wieder zu Bewußtsein kommt. Sie macht sich auf die Suche nach ihrer Familie und findet ihre Eltern tot auf. Verzweifelt sieht Sie sich nach Teddy um, entdeckt seine Hand im Graben und will ihn herausziehen - da muss Sie feststellen, das etwas nicht stimmt. Es ist nicht Teddy der dort liegt - sonder Sie!

Mia's außerkörperliche Erfahrung, 9:23 Uhr. Ab diesem Zeitpunkt fragt sich Mia ob Sie tatsächlich noch lebt oder tot ist. Sie bekommt mit, wie die Leichen ihre Eltern geborgen werden. Wie Sie selbst ins Krankenhaus auf die Intensivstation gebracht wird - wie man um ihr Leben kämpft. Doch hat Sie noch den Willen weiterzukämpfen nachdem innerhalb von Minuten ihre ganze Welt auf den Kopf gestellt wurde?

Eins ist klar für Mia klar:

Ob ich bleibe, ob ich lebe: Es liegt an mir.
S. 96

Da die einzelnen Kapitel in Zeitangaben unterteilt sind, bekommt man manchmal das Gefühl, dass einem die Zeit davon rennt. Die Ereignisse aus der Gegenwart lassen bei Mia Erinnerungen an die Vergangenheit aufleben. So kommen wir als Leser Mia und ihrem Leben näher und die Empathie zu den anderen Charaktere wie Kim - Mias beste Freundin, Adam - ihrem Freund oder Mias Großeltern steigert sich.

Durch diese geschickte Konstruktion konnte ich als Leser aber nie die Frage im Hintergrund verdrängen: Wie wird Mia sich Entscheiden?

Ich habe die Geschichte als sehr eindringlich empfunden! Verstärkt wird dieses Gefühl vor allem durch die Erzählweise. Mia erzählt die Geschichte, nein ihre Geschichte, aus der Ich-Perspektive. Dies tut Sie in einer ruhigen und sanften Art. Trotz der Tragik werde ich als Leser nicht überladen mit kitschigen Stellen, was mir genug Raum für meine Empfindungen lässt. Es ist ein berührendes Buch, was ebenso Platz für humorvolle wie für traurige Momente zulässt.