Rezension

Ein rundum schönes und berührendes Buch

Die Töchter des Roten Flusses - Beate Rösler

Die Töchter des Roten Flusses
von Beate Rösler

Bewertet mit 5 Sternen

Bisher sind mir sehr selten Geschichten aus dem asiatischen Raum über den Weg gelaufen, umso mehr war ich auf diese Geschichte hier gespannt, die mir Vietnam und auch die DDR etwas näher bringen konnte. 

Durch die zwei Handlungsstränge, bestehend aus der Gegenwart mit Tuyets Suche nach ihren Wurzeln und ihrer leiblichen Mutter und aus den wiederkehrenden und erklärenden Rückblicken in die Vergangenheit von Phongh und Hanh, konnte ich tief in das Buch eintauchen. 

Von Frankfurt am Main geht´s ab nach Hanoi. Die Stimmungen und Bilder der Städte werden von Beate Rösler sprachlich sehr gut eingefangen. Ich kenne Frankfurt, da ich schon seit 10 Jahren neben dran wohne und konnte mir Tuyet im deutschen Alltag sehr gut vorstellen. Selbst, als dann Hanoi in den Erzähl-Fokus rückte, war mir diese fremde, laute und bunte Stadt immer bildhaft vor Augen. Das ist eine der Stärken der Autorin. Sie schreibt ein Kino für den Kopf. Nicht zu ausschweifend und doch so sprachlich klar, eröffnet sie dem Leser eine gewaltige Kulisse, die man trotz der fremden Stätten, immer leicht vor dem inneren Auge hat. 

Gekonnt wird dem Leser ein Teil des Vietnamkrieges und das Leid der Menschen damals näher gebracht. Durch Tuyet fühlte ich mich ebenso als Tourist, der wichtige Denkmäler Hanois und den geschichtlichen Hintergrund gemeinsam mit ihr entdeckt. Für mich persönlich war dieser von wahren Tatsachen gespickter Rahmen gut ausgewogen und sehr schön in den Roman eingeflochten. 

Eine weitere Stärke der Autorin sehe ich in der Zeichnung und Entwicklung ihrer Charaktere. Der Zwiespalt der eigenen Wünsche und des geforderten Handels der Figuren sind hervorragend ausgearbeitet. Sie entwickeln sich und handeln entsprechend der jeweiligen Situation und Problembewältigung. Ganz klar wird das am Ende der Geschichte, wenn alle Geheimnisse aufgedeckt sind und die Tragweite manch früherer Handlungen ins Licht treten. Es gibt hier nie ausschließlich Gut und Böse und Beate Rösler hat es verstanden ihre Figuren so handeln zu lassen, wie wir selbst es wahrscheinlich, steckten wir in ihrer Haut, auch so gemacht hätten. An einigen Stellen war ich emotional über das jeweilige Schicksal sehr berührt, das sich so nach und nach herauskristallisiert hat. 
Konnte ich zu Anfang über Tuyet nur meinen Kopf schütteln, hatte ich sie gen Ende hin respektiert. Fühlte ich mich erst mit Phong verbunden, konnte mich im Laufe der Geschichte Hanh für sich einnehmen. Jede Zeit, jede Entscheidung drehte die Schicksalsscheibe und damit die Konsequenzen, die in der Zukunft noch viele andere Menschen tragen mussten. 

Am Schluss ist alles rund und fügt sich in den Rahmen. Alles wird offen gelegt, wenn auch einiges nur dem Leser. Nicht alle waren vom Glück gesegnet, doch kann manches Unglück auch Gutes hervorbringen, das mich insbesondere mit Tiens Schicksal versöhnt hat. Selbst das Verbleiben des kleinen, aus Holz geschnitzten Drachen wird aufgeklärt, was mir sehr gefallen hat.

Fazit:
Dieses Buch öffnet Horizonte und weitet den Blick! Es bringt einem ein Land nahe, das man überwiegend aus den Nachrichten und der Landkarte kennt. Es beschreibt ein Familienschicksal, das weite Folgen hat und zeigt auf, dass alles gut werden kann, obwohl es nicht der gerade und der leichteste Weg war. Die Wahrheit hat viele Gesichter und es lohnt sich fast immer nach ihr zu streben! Eine Buch, in dem die Geschehnisse aus der Vergangenheit und die in der Gegenwart gleich spannend sind.

Ich freue mich sehr, dass ich dieses wirklich informative, sehr intensive und berührende Buch gelesen habe. Es zählt zu meinen Lesehighlights 2017!