Rezension

Toller Einblick in die Anfänge der Kriminalpsychologie

Sein blutiges Projekt - Graeme Macrae Burnet

Sein blutiges Projekt
von Graeme Macrae Burnet

Bewertet mit 5 Sternen

Im Jahr 1869 ermordet der siebzehnjährige Roderick Macrae drei Menschen. In diesem Buch wird nicht nur sein Leben und seine Tat geschildert, sondern auch das Gerichtsverfahren und die damit verbundenen Ansätze der kriminalpsychologischen Untersuchungen.

Die Geschichte ist keine erfundene Geschichte. Die Erzählung basiert auf dem vom Täter geschriebenen Aufzeichnungen, die er beim Warten auf seinen Prozess verfasst. Genauer gesagt, besteht der erste Teil des Buches auf genau diesen Aufzeichnungen. Dazu kommen Aufzeichnungen von Polizeiaussagen, Berichte über das Gerichtsverfahren (unter anderem aus Zeitungsberichten) und dem Bericht eines Arztes, der ein Gutachten aus kriminalpsychologischer Sicht über den Täter verfasste. Alleine das alles macht das Buch bereits zu einer spannenden Lektüre. Aber es macht mit dem Leser noch mehr. Man selber hat im Gegensatz zu den Geschworenen im Gericht das Wissen aus den Aufzeichnungen von Roderick Macrae. Und man fragt sich, wie man selber mit ihrem Wissen entscheiden hätte, und ob die Geschworenen bei Kenntnis des Dokuments eine andere Entscheidung gefällt hätten. Sehr interessant sind die kriminalpsychologischen Ansätze, die damals genutzt wurden und dem heutigen Bild der Kriminalpsychologie in vielen Punkten nicht mehr entsprechen. Gerade wenn man sich für das Thema heute interessiert, ist der Wandel in diesem Gebiet sehr beachtlich und macht das Ganze noch interessanter. Der Fall an sich ist natürlich schon spektakulär, aber für mich eigentlich eher der Schlusspunkt unter einer langwierigen Entwicklung. Und ob der Täter jetzt Täter ist oder vielleicht eher ein Opfer der Umstände, und ob man ihn wirklich schuldig sprechen kann oder ob er wirklich zum Zeitpunkt des Mordes unzurechnungsfähig war – all das muss der Leser dann auch selber entscheiden.  Es ist wieder ein Buch, bei dem ich mich wieder einmal frage, was denn eigentlich ein Thriller ist. In jedem Fall ist es wirklich wie versprochen ein Pageturner, den man nicht aus der Hand legen will.