Rezension

Geschichte, die zum Nachdenken anregt

Der Bademeister ohne Himmel -

Der Bademeister ohne Himmel
von Petra Pellini

Bewertet mit 4 Sternen

Das Cover des Buches passt unglaublich gut zum Inhalt. Der Blick von unten auf einen schwimmenden Mann erzeugt einen guten Eindruck von Hubert und was ihn auch noch während seiner Demenz-Krankheit ausmacht. Zudem vermittelt es ein gewisses Sommerfeeling, was ebenfalls durchaus zu der Geschichte passt.

Linda ist 15 Jahre alt und möchte am liebsten sterben. Die einzigen Personen, die sie davon abhalten, sich vor ein Auto zu werfen, sind ihr bester Freund Kevin und ihr Nachbar Hubert. Die beiden könnten nicht unterschiedlicher sein, während Kevin sehr viel intelligenter ist als man ihm das auf den ersten Blick zutraut, verliert Hubert durch seine Demenz zunehmend sein Gedächtnis. Linda verbringt Stunden bei dem ehemaligen Badmeister, um ihm seine Leidenschaft für Schwimmkurse immer wieder in Erinnerung zu bringen, selbst wenn er sie nicht mehr erkennt. Gemeinsam mit seiner polnischen Pflegerin Ewa tut sie alles, um dem alten Mann ein angenehmes restliches Leben zu ermöglichen. Mit ihrem Gespür für den alten Mann versucht sie, ihn davon abzuhalten, die komplette Küche umzuräumen, seine seit vielen Jahren verstorbene Frau zu suchen oder zum 100. Mal seine Zähne zu verlegen. Doch noch während Linda versucht, ihren Platz in der Welt zu finden, passiert etwas, dass sie nachdenklich werden lässt, ob sterben der richtige Weg ist.

Der Schreibstil von Petra Pellini ist wirklich besonders. Sie schreibt eher nüchtern und ruhig, gleichzeitig aber auch eindringlich und einfühlsam. Die Geschichte hat mich von Anfang an extrem gefesselt und mich erst zum Ende wieder losgelassen.

Das liegt aber auch, vielleicht sogar vor allem an den Charakteren des Buches. Linda ist in mancher Hinsicht wie ein typischer Teenager, in vielerlei Hinsicht aber gleichzeitig auch nicht. Ihre Auseinandersetzungen mit ihrer Mutter und das Schule schwänzen fand ich gar nicht so ungewöhnlich, sie fühlt sich oft einfach nicht so richtig wohl mit ihrem Leben im Allgemeinen. Ich verstehe sie in vielerlei Hinsicht recht gut, auch wenn ihre Fokussierung auf das Sterben mir manchmal etwas unverständlich vorkam. Allerdings denken Teenager oft ganz anders und Depressionen sind eben niemals zu unterschätzen. Bei Linda war ich mir auch nie so richtig sicher, wie ernst sie es meint, ob sie wirklich plant, zu sterben oder sich nur sehr intensiv vorstellt, was nach ihrem Tod mit ihrem Umfeld passieren würde und wer sie wie vermissen würde. Ihre Mutter spielt dabei eine große Rolle, obwohl sie gar nicht so eine präsente Rolle in der Geschichte einnimmt, aber sie unterstützt ihre Tochter wirklich wenig dabei, dass sie sich um Hubert kümmert, obwohl Linda das freiwillig macht. Sie fiebert zum Teil richtig auf die Tage hin, die sie mit dem alten Mann in seiner Wohnung verbringen kann, selbst wenn er sie nicht erkennt oder sie ihm immer wieder das gleiche erzählen muss. Zu Beginn wusste ich nicht immer, ob sie Hubert wirklich mag oder ob sie sein Vergessen eher faszinierend findet. Mit der Zeit allerdings wird deutlich, wie wichtig er und auch seine Pflegerin Ewa ihr sind. Es wirkte fast so, als würde je mehr Hubert vergisst, desto weniger versteckt Linda ihre wahren Gefühle und Emotionen. Außerdem wird sie dadurch immer wieder dazu gezwungen, sich mit dem Ende des Lebens und dem Sterben auseinanderzusetzen. Ich mochte auch deswegen gerne, wie viele verschiedene Personen sie in ihrem Leben hat, die sie alle auf die ein oder andere Art beeinflussen und dafür sorgen, dass Linda ihr Leben nochmal in einem anderen Licht sieht. Vor allem Ewa habe ich mit der Zeit immer mehr ins Herz geschlossen. Zu Beginn dachte ich, dass sie Linda nur dazu benutzt, dass sie selbst einen Tag frei nehmen kann, aber das ist überhaupt nicht der Fall. Vielmehr setzt sie sich immer sehr für Hubert, aber auch für das Mädchen ein und tut deutlich mehr, als sie als Pflegerin tun müsste. Ihre herzliche, aufrichtige Art steht außerdem im Gegensatz zu Lindas Mutter und sorgt dafür, dass sie nochmal eine andere Unterstützung außerhalb ihrer Familie erhält.

Mein größtes Problem an der  Geschichte war vermutlich, dass der Verlauf für mich (bis auf wenige Ausnahmen) sehr vorhersehbar und dadurch manchmal ein wenig monoton war. Obwohl ich es genossen habe, die Zeit zusammen mit Linda und Hubert zu verbringen, fehlte mir manchmal ein bisschen der Sog der Geschichte. Natürlich ist es sehr passend, dass lange gar nichts passiert und die Tage immer auf eine ähnliche Art ablaufen, aber zwischendurch hätte ich gerne mehr von Lindas restlichen Alltag erlebt, selbst wenn sie nicht immer zur Schule geht, ist man erst zum Ende hin bei einer Stunde dabei und erlebt sie dort, was mir etwas zu spät war. So lernt man sie einfach immer nur teilweise kennen.

Alles in allem habe ich das Buch sehr gerne gelesen, auch weil der Schreibstil wirklich gelungen war und ich die Charaktere sehr ins Herz geschlossen habe. Allerdings hat sich die Story hin und wieder ein bisschen gezogen, weil sich vieles wiederholt hat, andersrum passte das aber auch grundsätzlich zur Story.