Rezension

Aktuelles Thema schlecht umgesetzt, aber gut vorgelesen

Systemfehler -

Systemfehler
von Wolf Harlander

Bewertet mit 2 Sternen

Leider wurde die gute Grundidee schlecht umgesetzt, aber als Hörbuch gut vorgelesen.

Das Internet ist für unseren Alltag, wenn nicht sogar für unser Überleben, fast so wichtig wie die Strom-, Gas- oder Wasserversorgung. Fällt das Internet aus, dann auch die Versorgung mit diesen anderen Lebenselixieren unserer modernen Gesellschaft.

So weit, so bekannt. Vor diesem Hintergrund verspricht Systemfehler von Wolf Harlander spannende Lektüre. Sprecher der Audio-Ausgabe ist Uve Teschner, also konnte für meinen Hörgenuss eigentlich nichts schief gehen – doch es wurde über weite Strecken eine Qual.

Wie ein roter Faden zieht sich durch die Story, dass der Autor selbst immer wieder den Faden verliert. Das revolutionäre Computerspiel, das am Anfang der Geschichte steht, ist für den Fortgang der Handlung im Grunde unbedeutend. Die Frau eines der Protagonisten stürzt in Folge des europaweiten Internet-Blackouts mit einem Verkehrsflugzeug ab, schlägt sich durch die Wildnis der französischen Alpen.....und was bringt es der Handlung, was hat es mit dem eigentlichen Handlungsstrang zu tun? Nichts! Außer vielleicht die Erkenntnis, dass auch die europäische Flugsicherung Datennetze benutzt. Recherchierte Hintergrundinformationen, wie zum Beispiel kritische Infrastruktur funktioniert und abgesichert ist: Fehlanzeige. Stattdessen werden ein ums andere Mal neue Handlungsstränge aufgemacht und neue Figuren ins Spiel gebracht, um dann wieder in der Beliebigkeit zu versinken.

Und Hamsterkäufe, Verschwörungstheoretiker und eine überforderte Regierung? Das hatten wir doch alles bei Corona. Obwohl das Buch im Sommer 2021 erschienen ist, spielt es in einem Deutschland, in dem es das alles nicht gegeben hat. Dem Leser wird eine Situation vermittelt, in dem unsere Gesellschaft zum ersten Mal mit solchen Folgen konfrontiert wird. Lag das Manuskript seit Jahren in der Schublade und fehlte die Motivation es zu aktualisieren?

Fast schon wie eine Drohung wirkt es auf mich als Zuhörer, weil damit ein Folgeband zu erwarten ist, wenn in den letzten Minuten die Kindheit eines der beiden Hauptprotagonisten wieder ins Spiel gebracht wird. Er hat früh seine Eltern verloren, weshalb er in einem der zahlreichen unbedeutenden Seitenstränge der Story erst bemüht ist das Rätsel des Verschwindens seiner Eltern zu lösen, um dann eine ganz andere Rolle in der Handlung einzunehmen. Kurz vor knapp ist dem Autor wohl eingefallen, dass er auch hier den Faden verloren hat.

Hätte ich die Printversion ertragen müssen, wäre das Buch spätestens nach einem Drittel Lese-Unvergnügen in der Ecke gelandet. Dank des hervorragenden Vorlesers Uve Teschner habe ich bis zum Ende durchgehalten und wurde leider nicht mit einer spektakulären Wendung belohnt, denn auch der Bösewicht dieser schlicht gestrickten Thriller-Kost war weit vor dem Ende erwartbar. Vor diesem Hintergrund gibt es von mir 2 Sterne, die einzig und allein dem guten Sprecher zu verdanken sind.