Rezension

Von der (In)-Stabilität digitaler Systeme

Systemfehler -

Systemfehler
von Wolf Harlander

Bewertet mit 4 Sternen

In mehreren europäischen Ländern kommt es zu digitalen Aussetzern, welche sich kontinuierlich steigern. Zunächst beginnt es mit kleinen Ausfällen in der Stromversorgung, dem folgen schon bald Internet und Mobilfunk. Die Steuerung des Verkehrswesens sowie weite Bereiche der Infrastruktur brechen zusammen, Verletzte und Todesopfer sind die Folge. Natürlich läuft dadurch auch die Versorgung mit Wasser, Energie und Lebensmitteln nicht mehr reibungslos. Zunächst hat Teenager Ben noch Sorge, er sei für den ganzen Schlamassel verantwortlich, da er heimlich ein Online-Videospiel gespielt hat, welches genau solche Szenarien beinhaltet. Durch seine Fehler gerät zunächst sein Vater als IT-Experte ins Visier des BND, an dessen Schuld der zuständige Ermittler jedoch schnell zweifelt. Dann überschlagen sich die Ereignisse und das Chaos in Europa bricht aus.

Sowohl Idee als auch Umsetzung des Romans empfand ich als sehr gelungen. Hauptsächlich geht es um den IT-Experten Daniel Faber, der auf eigene Faust versucht, die Drahtzieher der Cyberangriffe ausfindig zu machen, um seine Unschuld zu beweisen. Ihm gegenüber steht Nelson Carius, der als neuer Mitarbeiter des BND auf die zunächst noch harmlos wirkenden digitalen Ausfälle angesetzt wird. Entsprechend wechseln die Perspektiven, zu denen noch weitere anderer Charaktere hinzukommen, wodurch die Handlung sehr abwechslungsreich ist. Auch ist das Szenario selbst, wie nach und nach immer mehr digitale Systeme ausfallen mitsamt den Auswirkungen auf mehreren Ebenen, realistisch und verständlich aufgebaut. Kritik muss ich hierbei leider anbringen: Einigen Charakteren hat der Autor ein unnötig naives Handeln angedichtet wie z. B., dass eine intelligente Frau bei Stromaussetzern dennoch in einen Aufzug steigt - der natürlich prompt ausfällt, oder dass eine andere Frau sich beim Ausfall des Internet als erstes Sorgen macht, nicht mehr die Supermarktangebote online durchstöbern zu können. Ebenso fielen mir zu früh manche männliche Personen zu aggressiv aus. Ohne so manches Klischee-Verhalten wär der Roman perfekt gewesen. Davon abgesehen bietet der Roman eine angenehme Spannung, die Jagd nach den Drahtziehern des Cyberwar gestaltet sich immer umfangreicher und endet in einem kleinen Showdown, nicht ohne auf dem Weg dahin einigen Menschen das Leben zu kosten.

Ein spannendes „was wäre, wenn“-Szenario, welches verdeutlicht, wie abhängig bereits viele Systeme von einer funktionierenden digitalen Infrastruktur sind und wie instabil dieses System in Wirklichkeit ist.