Rezension

Bewegend

Eine Farbe zwischen Liebe und Hass - Alexi Zentner

Eine Farbe zwischen Liebe und Hass
von Alexi Zentner

Bewertet mit 4 Sternen

Eine beeindruckende Geschichte über Rassismus, Familie und Selbstfindung.

Jessup geht zur Highschool, hat gute Noten und ist einer der besten Footballspieler seines Teams - der typisch amerikanische Junge von nebenan, möchte man meinen. Allerdings lebt Jessup mit seiner Familie nicht in einem schicken Vorstadthaus mit Garten, sondern in einem Wohnwagen, denn die Familie ist arm. Sein Bruder sitzt wegen Mordes im Gefängnis, sein Vater wurde gerade erst daraus entlassen. Die Familie ist Mitglied der 'heiligen Kirche des weißen Amerika', und der Name sagt wohl schon alles: eine Mischung aus christlichem Glauben und Rassismus, der unter dem Tarnmantel des Stolzes auf die eigene Rasse und dem Unmut, diesen nicht laut aussprechen zu dürfen, daherkommt.
Inzwischen geht Jessup nicht mehr zur Kirche, er hat sogar eine farbige Freundin. Aber das traut er sich nicht offen zuzugeben, aus Angst seine Familie zu enttäuschen. Er ist gefangen zwischen den Werten, mit denen er aufgewachsen ist und die er nicht ohne weiteres ablegen kann, und seinen Zweifeln und den eigenen Erfahrungen, die ihm etwas anderes vermitteln.
Doch dann gipfelt eine Kette unglücklicher Ereignisse in einem schrecklichen Unfall, und aus Angst, aufgrund seiner Herkunft verurteilt zu werden, begeht Jessup einen großen Fehler und vertuscht die Sache. Dies bringt jedoch einen Ball ins Rollen, der unaufhaltsam auf eine Katastrophe zusteuert. Jessup muss sich letztlich entscheiden, auf welcher Seite er steht...
Beeindruckend fand ich, wie der Autor die Geschichte aus Jessups Sicht schildert und dabei mehr als einmal den Eindruck vermittelt, dass Jessup gar keine Chance haben kann, da er von vornherein als weißer Rassist abgestempelt und für schuldig befunden wird. Dies gibt den Wortführern der Kirchenbewegung natürlich erst recht Futter, die eine Benachteiligung der weißen Rasse in der heutigen Zeit sieht und gar einen umgekehrten Rassismus anprangert.
Ein ums andere Mal werden die innere Zerrissenheit und Unsicherheit von Jessup deutlich gemacht, und wie schwierig es ist sich von seiner Familie und dem gewohnten Umfeld zu lösen, dieses zu hinterfragen, zu kritisieren und seinen eigenen Platz im Leben zu finden. An einer Stelle fordrt Jessups Freundin ihn auf, sich endlich zu entscheiden, was eine ganz einfache Sache sei. Obwohl ich ihr beipflichten muss, kann ich verstehen warum es für Jessup aber nicht einfach ist, denn eine offene Entscheidung kann den Verlust seiner Familie und von allem was ihm wichtig ist bedeuten.

Ein Buch das zum Nachdenken anregt und das man so schnell nicht vergisst.