Rezension

Brillant! Bissig, ironisch, tiefsinnig ...

Das Leben ist ein listiger Kater - Marie-Sabine Roger

Das Leben ist ein listiger Kater
von Marie-Sabine Roger

Bewertet mit 5 Sternen

Inhalt:

Wer hat Lust auf eine bissig-ironische Betrachtung von Krankenhausessen, lästigen Besuchen, nervigen Ärzten und ständig offenstehenden Türen? Dann seid Ihr hier genau richtig! Jean-Pierre wacht eines Tages im Krankenhaus auf, er kann sich leider nicht daran erinnern, wie er dort gelandet ist. Ein Unfall, sagt die Polizei, er sei in die Seine gefallen und von einem jungen Mann durch Zufall bemerkt und gerettet worden. Jetzt liegt Jean-Pierre also im Krankenhaus, er ist ans Bett gefesselt und hat gaaaaaanz viel Zeit zum Nachdenken. Alles und jeder nervt ihn, vor allem die ständig in sein Zimmer hereinplatzenden Menschen, die irgendetwas von ihm wollen. Für den eher zurückgezogen lebenden, eigenbrötlerischen Witwer von 67 Jahren ein Graus. Oder?

Meinung:

Was für ein herrliches Büchlein! Auf gerade mal 200 Seiten entwirft Marie-Sabine Roger einen ganz eigenen Kosmos - und wer schon einmal für eine etwas längere Weile im Krankenhaus lag, hat am eigenen Leib erlebt, dass es genau so abläuft :-)!

Jean-Pierre ist aber auch ein schrullig-liebenswerter Charakter, ich habe ihn sogleich ins Herz geschlossen! Mit einer gehörigen Portion Ironie und Sarakasmus berichtet er von seinem Krankenhausaufenthalt, dem schlechten Essen dort, den ungebetenen Besuchern und nervigen Ärzten. Eigentlich mag Jean-Pierre keine Menschen, er kommt gut allein zurecht. Doch nun ist er zur Hilflosigkeit verdammt und muss alles über sich ergehen lassen. Und dies tut er mit sensationeller Genervtheit, aber auch trockenem Gleichmut - was bleibt ihm auch anderes übrig?

Die Autorin bedient sich einer wunderbaren Sprache, voller Wortwitz, einem guten Gespür für Situationskomik und Poesie. Es gab viele Stellen, besonders zum Anfang, an denen ich lauthals auflachen musste (im Zug muss das auf meine Mitreisenden vielleicht tewas merkwürdig gewirkt haben :-))! Aber dann folgten wiederum Gedankengänge, die mich sehr berührt und mich zum Nachdenken gebracht haben. Jean-Pierre ist immerhin schon 67, somit ist der bevorstehenden Tod kein weit entferntes Schicksal mehr, wie er selbst weiß.

Immer wieder zieht der Protagonist Bilanz zu seinem bisherigen Leben, seiner Kindheit und Jugend, die er in vollen Zügen genossen hat, seiner Ehe und deren Scheitern, seinen Freundschaften und Verlusten. In solchen Momenten wird man selbst ganz still und denkt, was, wenn ich mal alt bin ... Doch bleibt keine Zeit, Trübsal zu blasen, denn schon kommt wieder ein bissiger Kommentar von Seiten Jean-Pierres und man findet sich flugs in der Realität von Kathetern und Fiebermessen wieder :-).

Fazit:

Ein Buch, das es in sich hat! Voller Sprachvirtuosität, (Galgen-)Humor und Tiefsinnigkeit führt uns Marie-Sabine Roger mitten hinein ins (Krankenhaus-)Leben. Mit Jean-Pierre schafft sie einen nervig-liebenswerten Charakter, der mit einer gehörigen Portion Ironie, Realismus und Schicksalsergebenheit das Leben im Allgemeinen und seines im Besonderen kommentiert - und unter seinen unerwünschten Besuchern das ein oder andere interessante Detail entdeckt.

Absolute Leseempfehlung!

5 von 5 Sternen!