Rezension

Das traurige Ende des Jungen namens Lol

Im Netz des Lemming - Stefan Slupetzky

Im Netz des Lemming
von Stefan Slupetzky

Bewertet mit 5 Sternen

Jugendsprache ist für uns Erwachsene oft schwer zu verstehe. Das ist ja auch der Sinn dahinter. In der Sprache des Internets kennen wir uns hingegen schon besser aus, die meisten jedenfalls. Leopold Wallisch, der Lemming, hat auch damit so seine Probleme und vermutet, dass der beste Freund seines Sohnes Lol heißt. Sie schmunzeln? So ging es mir auch, aber das Schmunzeln gefror mir bald im Gesicht.

 

Lemming und Mario, eben jener Freund des Sohnes, müssen beide in dieselbe Richtung fahren. Lemming zur Arbeit, Mario nach Hause. Und so sitzen sie in der Bahn nebeneinander und unterhalten sich. Mario bekommt eine Nachricht auf sein Handy, verlässt die Straßenbahn und stürzt sich in den Tod. Der Lemming möchte ihn aufhalten, doch alles, was ihm bleibt, ist die Jacke des Jungen. Lemming, der letzte, der den Jungen lebend gesehen hat, wird zum perfekten Opfer für die Medien. De Medien ist klar: er hat Mario in den Selbstmord getrieben. Die Gesellschaft stellt sich gegen ihn. Nur sein Freund, der Polizist Polivka, hält zu ihm. Schaffen sie es, gegen den Hass anzukämpfen und Marios Tod aufzuklären?

 

Dieses Buch ist ein wahrer Lesegenuss. Unglaublich fesselnd und sprachgewandt geschrieben, reißt es den Leser in eine Welt des Cybermobbings und auch der Politik und bietet kaum Möglichkeiten, Atem zu holen. Cybermobbing, die Politik Österreichs und die Asylpolitik im Allgemeinen finden ihren Raum und durchdringen die Gedanken des Lesers. Gerade, wer als Kind selbst Mobbingopfer war, wird dieses Buch mit einem beklemmenden Gefühl lesen und froh sein, dass es zu seiner Zeit noch kein Internet gab. Man hinterfragt beim Lesen aber auch sein eigenes Verhalten. Wenn ich Aussagen von mehreren unterschiedlichen Quellen lese, wie reagiere ich? Hinterfrage ich sie wirklich jedes mal, ober springe ich nicht doch manchmal auf den Zug der vorschnellen Verurteilung?

 

Für mich war dieses Buch ein Leseerlebnis der besonderen Art. Der Schreibstil, dem man das Österreichische anmerkt, war absolut was fürs Herz. Ich liebe die Anspielungen, den Humor, der immer mal wieder durchblitzt und die Wortgewandtheit des Autors. Die Tiefe der Themen machte zeitweilen atemlos. Gerade die Rolle der sozialen Netzwerke im Leben von uns allen sollte man nie aus den Augen verlieren. Bieten sie einerseits Außenseitern die Möglichkeit, unter einem Pseudonym plötzlich wieder am Leben teilzuhaben, haben sie doch auch die Macht, Leben zu zerstören und das auch von Menschen, die sich eigentlich aus sozialen Netzwerken raushalten. Cybermobbing ist für den Mobbenden viel einfacher als das reale Mobbing, da man schön bequem und quasi ohne Angst vor Gegenwind Menschen fertigmachen kann. Für den Betroffenen ist es aber die Hölle, bekommen doch nicht nur wenige Menschen, sondern das ganze Umfeld mit, was los ist.

 

Dies ist ein Buch, das nachwirkt. Das beschäftigt, lange nachdem man es zugeklappt hat. Und deshalb verdient es die volle Punktzahl.