Rezension

Der Katharina-Code – ein spannender Cold Case und überzeugender Reihen-Start!

Wisting und der Tag der Vermissten - Jørn Lier Horst

Wisting und der Tag der Vermissten
von Jørn Lier Horst

Bewertet mit 4 Sternen

Ein solider Reihenauftakt – fesselnd und sehr atmosphärisch.

„Die Krogh-Entführung ist außergewöhnlich. In der norwegischen Kriminalgeschichte hat es nichts Vergleichbares gegeben. Eine eiternde Wunde für die Polizei, die Angehörigen und die Lokalbevölkerung.“ (s. 223)

 

Meine Meinung:

„Cold Cases“ haben ja ihre ganz eigene Faszination: rätselhafte Fälle aus der Vergangenheit, die bislang nie gelöst werden konnten. In William Wistings „erstem“ Fall geht es um die junge Katharina Haugen, die vor exakt 24 Jahren spurlos verschwunden ist. Jahr für Jahr sieht sich Wisting um den Jahrestag herum die alten Akten erneut durch, ohne dass er bislang eine neue Spur entdeckt hätte. Über die Jahre hinweg ist dabei eine verschrobene Art von Männerfreundschaft zu Katharinas Ehemann Martin entstanden.

Schon zu Beginn wirft Autor Jörn Lier Horst seinen Lesern selbst ein paar rätselhafte Details hin, auf denen es sich hervorragend herumdenken lässt. Was bedeutet der rätselhafte handschriftliche Code, den Katharina am Tage ihres Verschwindens auf dem Küchentisch hinterlassen hat. Und warum lag auf ihrem Bett ein aufgeklappter, gepackter Koffer? Ich mag einfach solche Anfänge, die mich schon zum Beginn spekulieren lassen.

Als dann noch der Kommissar Adrian Stiller auftaucht, Ermittler einer neuen Einheit für Cold Cases, und einen neue Verbindung Martin Haugens zu einem weiteren Vermisstenfall präsentiert – nimmt der Fall seinen Lauf. Die Spannung baut sich hier eher langsam, aber dafür kontinuierlich auf. Der Fall lebt davon, wie sich zwei Männer, die aus einem Schicksalsschlag heraus eine Art Freundschaft entwickelt haben, lauernd umkreisen. Dabei erzeugt der Autor ein sich stetig verdichtendes Gefühl der Anspannung, des Misstrauens und eine Art diffuses, ungutes Bauchgefühl. Man merkt beim Lesen, dass hier irgendetwas nicht stimmt – doch was es genau ist, lässt sich über weite Strecken des Buches nicht wirklich bestimmen. Ein spannendes Spiel mit Gefühlen, Vermutungen und Indizien – auch ohne große Action oder Literweise Blut.

Insgesamt hat mich dieser Krimi über seine gesamte Länge hinweg wirklich gut unterhalten und nach und nach in seinen Bann gezogen. Gerade zum Schluss hin steigert der Autor Tempo und Spannung durch einen stetigen Wechsel der Handlungsstränge, was mir sehr gut gefallen hat. Die Auflösung des so lange rätselhaften Falls war in Summe überraschend, wenn auch – für meinen Geschmack – nicht in allen Teilen ganz nachvollziehbar (daher ein kleiner Abzug in der B-Note).

 

Sehr gut gefallen haben mir hingegen die Protagonisten, allen voran der zielstrebige und ausdauernde Wisting mit seiner kleinen, aber liebenswerten Familie. Aber auch Adrian Stiller bietet für meinen Geschmack noch Einiges an Potenzial für kommende Bände.

 

FAZIT:

Ein solider Reihenauftakt – fesselnd und sehr atmosphärisch.