Rezension

Der Schöne

Die Knochenleser -

Die Knochenleser
von Jacob Ross

Bewertet mit 4 Sternen

Auf den ersten Blick könnte er als gescheitert gelten. Michael „Digger“ Digson war ein hervorragender Schüler, dessen Großmutter das Geld für eine weiterführende Schulbildung fehlte. Nun lungert er in der Stadt rum, wo er vom örtlichen Polizeichef aufgelesen wird. Erstaunlicherweise steht dieser in nicht hinter Gitter, sondern überredet ihn sanft, aber energisch, in den Polizeidienst einzutreten. Digger erweist sich als schlauer Ermittler, der allerdings auch unter den Kollegen mal aneckt. Als dann auch noch K. Stanislaus an der Dienststelle auftaucht, um ihre Arbeit aufzunehmen, kommt einiges ins Rollen. Besonders im Fall des Verschwindens des jungen Nathan, der dem alten Chief Chilman immer sehr am Herzen lag.

 

Ein Insel der Kleinen Antillen als Ort der Handlung ist aus europäischer Sicht doch mal etwas ganz anderes. Auch wenn die Landschaft für die Handlung nur von untergeordneter Bedeutung ist. Dreh- und Angelpunkte sind Digger, der eine forensische Ausbildung in Groß Britannien erhalten hat, und seine Kollegin Stanislaus, die mehr in der Inselkultur verwurzelt ist. Als Team ergänzen sie sich bestens, beide gleichsam intuitiv, offen für Neues, aber mit unterschiedlichen Denkansätzen. Auch für Michael gibt es einen Fall, der ihn nicht loslässt, das Verschwinden, ihr zu vermutender Tod in den Unruhen des Jahres 1999. Doch in diesem ersten Fall begibt er sich daran, den ungelösten Fall seines Mentors zu lösen.

 

Das Setting auf einer von hier aus weit entfernten Insel regt erstmal die Phantasie an und den Wunsch, etwas nachzulesen über die Antillen und auf der Karte zu schauen, wo das ungefähr sein könnte. Die Bilder, auf die man dabei stößt, laden wirklich dazu ein, der Weltlage zu entfliehen, wenigstens Gedanklich. Was man sich schon fragt, wieso hat Chilman das Rätsel um Nathans Verschwinden nicht gelöst. Sicher gehen Digger und Stanislaus mit frischen Überlegungen ans Werk, aber so wie Chilman geschildert wird, hätte man ihm das auch zutrauen können. Oder wollte er einfach einen oder zwei geeignete Nachfolger installieren? Sei es drum, der Fall ist unterhaltsam. Man bekommt einen kleinen Einblick in die Mentalität der Inselbewohner und für einen ersten Band einer Reihe, in der die handelnden Personen vorgestellt werden und ihr Rahmen umrissen wird, erscheint dieser Kriminalroman sehr gelungen.