Rezension

Ein ungewöhnlicher Kriminalroman

Die Knochenleser -

Die Knochenleser
von Jacob Ross

Bewertet mit 4 Sternen

Detective Superintendent Chilman ist besessen von dem alten, ungelösten Fall des verschwundenen Nathan. Jetzt im Ruhestand und überzeugt davon, dass es sich hier um einen Mordfall handelt, überredet er Michael „Digger“ Digson, dem Neuen in seiner ehemaligen Einheit, sich des Falles anzunehmen.

Dies ist ein ungewöhnlicher Kriminalroman, denn er ist auch eine Geschichte über das Erwachsenwerden. Was für Digger durch Zufall beginnt, denn der Eintritt in die Polizei ist alles andere als ein selbst gehegter Wunsch, wird für ihn zur Passion. Über mehrere Jahre verfolgt der Leser nun seinen Werdegang, wie er sich mit jeder neuen Herausforderung vom unbedarften jungen  Mann zum selbstbewussten Erwachsenen entwickelt. Durch seine Augen sehen wir die karibische Insel, auf der die Geschichte spielt. Durch seinen Verstand verstehen wir die Inselbewohner in ihrer ganzen Vielfalt. Er ist fasziniert von den Menschen, ihren Schwächen und Stärken. Aber was ihn vor allem ausmacht ist seine Menschlichkeit. Ihm gegenüber steht Miss Stanislaus, die weibliche Hauptfigur. Sie ist eine tonangebende Persönlichkeit, und das in einer Welt und einem Beruf,  in dem Frauen eher unterdrückt werden, und sie unterwürfig und vor allem schweigsam sein sollen. Aber sie weigert sich dieser den Frauen zugedachte Rolle zu spielen, und so nimmt sie sich gemeinsam mit Digger des Falles an und dank seiner Ausbildung zum Knochenleser und ihrer blitzgescheiten Art, kommen sie den perfiden Tatumständen auf die Spur...

Die Geschichte zeichnet sich durch die Tiefe und Komplexität der Charaktere, der familiären und persönlichen Hintergründe und Beziehungen aus. Man bekommt ein gutes Gefühl für Land, Leute, Politik und Kultur in diesem Teil der Welt, die so völlig anders scheint als unsere. Mich hat dieser Kriminalroman wirklich gut unterhalten und ich hoffe auf eine Fortsetzung, Potential wäre jedenfalls vorhanden.