Rezension

Der Winter der schwarzen Rosen

Der Winter der schwarzen Rosen
von Nina Blazon

Definitiv nichts für Zwischendurch! Ich habe schon lange kein Buch mehr gelesen, das mich so begeistert und nachhaltig beschäftigt hat.

„Man sagt, dass Zwillinge das Glück oder den Kummer des anderen Fühlen. Hätte ich es also spüren müssen? Eine Verschiebung in der Atmosphäre, ein Missklang vielleicht, einen Riss im Gefüge alter Regeln und Ordnungen, die in Stein gemeißelt schienen? Aber ich nahm nichts wahr.“

Allein auf den Gesetzten und Traditionen der Heimat gründet die Herrschaft Lady Jamalas in dem fremden und geheimnisvollen Land, das sie in einem blutigen Krieg vom Hirschkönig erobert hat. Sie allein garantieren die ständige Expansion ihres Volkes und verbinden Jamalas Eroberung mit dem Netzwerk der Heimat. So sind auch die Zukunftsperspektiven der Zwillingsschwestern Liljann und Tajann durch den Kodex vorbestimmt. Liljann muss als Erstgeborene in die Himmelsrichtung fortziehen, die sie als Kind gewählt hat und einem Todesurteil gleichkommt. Die zweitgeborene Tajann hat alle Freiheiten, kann jedoch erst ihren eigenen Weg gehen, wenn ihre Schwester das Elternhaus verlassen hat. Als jede der Schwestern auf einem Fest der Lady einen Mann kennen lernt, mit dem sie sich auf Anhieb verbunden fühlt, eröffnet sich schließlich eine Möglichkeit für Lijann nicht allein und schutzlos in das gefährliche Grauland zu ziehen. Tajann drängt sie dazu dem Fremden Volok zu vertrauen, um ihr Leben am Hof Lady und in der Nähe ihres Firan beginnen zu können. Beide müssen auf ihrem Weg lernen, was wahre Liebe bedeutet und wie weit sie bereit sind, dafür zu gehen.

In der „Winter der Schwarzen Rosen“ nimmt Nina Blazon ihre Leser erneut mit in die fantastische Welt von „Faunblut“. Mit ihrem gefühlvollen Schreibstiel schafft sie eine düstere Atmosphäre, die sich durch die gesamte Geschichte zieht und mich auch noch länger beschäftigt hat.  Die Handlung springt zwischen der Perspektive von Liljann, die im Präteritum geschrieben ist, und Tajann, die im Präsenz spielt. Ich habe beide wie gebannt mitverfolgt, weil die Schwestern mit ihren unterschiedlichen Zielen und Präferenzen facettenreich ausgearbeitet wurden und selbst reflektierend sind.

Liljann ist angesichts ihrer perspektivlosen Situation sehr vorsichtig. Sie ist in sich gekehrt und durch ihre magischen Talente empfindsam für Dinge, die ihrer Schwester verborgen bleiben. Daher ist sie sich auch von den Sagen der Eroberten, der Magie des Landes und den fantastischen Wesen, die im Grauland leben sollen, fasziniert. Tajann ist hingegen eine selbstbewusste und ehrgeizige Jägerin. Hingezogen von dem Leben, das sie nach dem Tod der Mutter verloren haben, der Gesellschaft am Hof Lady, ist sie bereit ihren Vater und ihre Schwester zu hintergehen, um ihre Ziele zu erreichen. Ihr beklemmendes Gefühl wird für den Leser spürbar, wodurch sich ihre selbstsüchtigen und unnachsichtigen Entscheidungen, zwar nicht rechtfertigen aber nachvollziehen lassen.

Obwohl die schicksalhaften Begegnungen auf dem Fest für beide Schwestern sehr unterschiedlich ausgehen, erkennen beide, dass die Liebe ein Risiko bedeutet, durch das man sehr viel gewinnen, aber auch verlieren kann. Besonders das bitter-süße Ende, an dem die beiden nach ihrer starken Entwicklung noch einmal aufeinandertreffen, hat mich berührt und nachdenklich gestimmt.

Alles in allem ist die vielschichtige Geschichte von Liljann und Tajann über Selbstbestimmung, Verlangen, Liebe und Verrat definitiv nichts für Zwischendurch. Ich habe schon lange kein Buch mehr gelesen, das mich so begeistert und nachhaltig beschäftigt hat.