Rezension

Der zukünftige Präsident von Panem

Die Tribute von Panem X. Das Lied von Vogel und Schlange - Suzanne Collins

Die Tribute von Panem X. Das Lied von Vogel und Schlange
von Suzanne Collins

Bewertet mit 2 Sternen

Collins hat vermutlich mit der Vorgeschichte der Tribute von Panem-Trilogie DIE Überraschungsveröffentlichung des Jahres hingelegt. (Jedenfalls im Jugendbuchsektor) Ich habe mich sehr gefreut und die Erwartungen waren hoch. Jetzt sitze ich hier, habe das Buch fertig gelesen und versuche in Worte zu fassen, was für eine große Enttäuschung die Geschichte für mich ist. Ja, richtig gelesen: Enttäuschung. 

Präsident Snow ist jedem ein Begriff, der die Trilogie gelesen hat. Seine skrupellose, menschenverachtende und manipulative Machtausübung in Panem sorgt für Angst und Schrecken. Doch was hat er alles erlebt, bevor er Präsident wurde? Wie wurde er zu dem Menschen, der er zu Katniss' Lebzeiten ist?  Die ersten Schlüsselereignisse geschehen, als er 18 Jahre alt ist und beim ersten Mentorenprogramm überhaupt als Mentor für die 10. Hungerspiele ausgewählt wird. Von dort nimmt alles seinen Lauf. Coriolanus Snow ist der Hauptcharakter in diesem Buch.

Nicht zu viel zu spoilern ist hier wirklich sehr schwierig. Aber ich versuche es mal. Im Grunde wird die Zeit kurz vor, während und nach den Hungerspielen erzählt, bei denen Snow Mentor des Mädchens aus Distrikt 12 ist. Die schon im Klappentext angedeutete Liebesgeschichte fand ich schon nach den ersten Seiten nervig, aber eben (oder gerade weil) für den Verlauf der Geschichte notwendig. Anders als in der Trilogie wird "Die Tribute von Panem X" aus der dritten Person erzählt (Katniss war eine Ich-Erzählerin). Trotzdem gibt uns Collins einen sehr, sehr detaillierten Einblick in Snows Gedankenwelt. Das sollte wohl Tiefe in seinen Charakter bringen, trotzdem hat sie es nicht wirklich geschafft, dass er für mich greifbar wurde. Anfangs wird er noch sehr zwiegespalten dargestellt. Seine herzlose Seite hatte er damals schon, aber hin und wieder zeigte er eben doch noch seine besseren Eigenschaften. Zum Schluss gibt sich Collins echt viel Mühe, ihn so unsympathisch wie möglich darzustellen.

Auch die Nebencharaktere bleiben sehr blass und distanziert. Die Dialoge waren für mich sehr konstruiert und gestelzt geschrieben und grundsätzlich mochte ich den Schreibstil der Autorin nicht so gern. Es kommt überhaupt kein Spannungsbogen auf und die Geschichte wirkt sehr unausgereift, auch wenn sie so viel wie möglich in Snows Leben gepackt hat, damit es spannend sein könnte. Es ist zeitweise wirklich langatmig und langweilig. Wenn man ein bisschen mehr gekürzt hätte, hätte es auch nicht geschadet. Im Panem damals ist noch sehr viel anders, als man es später kennenlernt. Die Hungerspiele sind bei weitem noch nicht das Event, zu dem sie mal werden, auch die Menschen im Kapitol sind noch nicht so stark von der Propaganda manipuliert. Kritik an den Hungerspielen und am System blitzt durchaus zwischen den Seiten hervor. Der Krieg ist noch viel zu frisch im Gedächtnis. Trotzdem hätte ich mir die Spiele nach neun Jahren fortschrittlicher vorgestellt.

Was sehr spannend ist, sind die ganzen Informationen, die man bekommt. Wie die Hungerspiele entstanden sind oder die Hintergründe des "Hanging Tree" Liedes, warum Snow so gerne Rosen hat. So ganz überzeugen konnten mich die Erklärungen zum Krieg und den Hungerspielen aber nicht. Vor allem, dass sich letztere überhaupt durchsetzen konnten. Hier hätte sie durchaus noch genauer auf die Vergangenheit eingehen können. 

Musik ist sehr wichtig in diesem Buch und es werden sehr viele Liedtexte zwischendrin abgedruckt. Die haben meinen Lesefluss aber manchmal sehr gestört und ich hab sie irgendwann nur mehr angelesen bzw. überlesen. Und ganz wichtig: Die Easter-Eggs für Fans. Also Sachen, die man aus der Trilogie kennt und hier aufgegriffen werden, damit man eine Verbindung herstellen kann. Das sind zum Beispiel bekannte Namen, Schauplätze oder andere Parallelen. Sowas hatte ich mir im Vorhinein erhofft und auch erwartet, auch wenn es an einigen Stellen dann zu viel des Guten war. 

 

Fazit

Nur der Fanservice und die Hintergrundinfos waren mir leider zu wenig, um mich wirklich begeistern zu können. Der Plot, die Charaktere und der Schreibstil konnten mich allesamt nicht packen. "Das Lied von Vogel und Schlange" bleibt hinter meinen Erwartungen zurück.