Rezension

Eine mitreißende und spannende Geschichte, in der Geheimnisse aufgedeckt werden, die besser im Verborgenen geblieben wären.

Elanus - Ursula Poznanski

Elanus
von Ursula Poznanski

Ich fand es zunächst schwer, mich auf den pedantischen und rechthaberischen Studenten Jona einzulassen. Als unausstehlicher Alleswisser ist er kaum dazu in der Lage, soziale Kontakte mit Mitstudenten zu knüpfen, denn alles was Jona tut oder sagt, geschieht aus Berechnung: Gespräche werden von ihm im voraus geplant und Aufeinandertreffen arrangiert. Jona ist nicht der typische Sympathieträger, sondern eine Figur, der man als Leser auch im wahren Leben ablehnend gegenüberstehen würde. Trotzdem hat seine Figur innerhalb der Geschichte ziemlich Eindruck auf mich gemacht, sodass ich mich immer besser mit ihm identifizieren konnte. Jona ist zielstrebig, lässt sich von Meinungen anderer selten beeindrucken und die Kenntnisse, die ihm für ein soziales Miteinander fehlen, versucht er mit technischem und mathematischem Verständnis auszugleichen.

Jona hasste es, wenn das passierte. Wenn seine Ideen an grundlegenden und völlig logischen Gegebenheiten scheiterten, die jedem Normaltalentierten aufgefallen wären. (S. 262)

Weil er mit seinen Mitmenschen nicht zurecht kommt, besitzt er eine selbstgebaute Drohne, mit deren Hilfe er  seine Mitstudenten auf dem Campus ausspionieren kann. Die Idee, eine Drohne quasi als Erweiterung des menschlichen Körpers einzusetzen, hat mir sehr gut gefallen. Die Vorstellung von derartigem Stalking ist gar nicht so utopisch, wenn man bedenkt, dass Drohnen schon jetzt z.B. bei Filmsets mit Kameras ausgestattet sind oder zum Versenden von Nachrichten genutzt werden. Für Jona aber ist seine Drohne nicht nur ein fliegendes Spionageobjekt, sondern gleichzeitig auch einziger Freund.

Jona warf ihn hoch in die Luft, genoss wie jedes Mal diesen Moment, in dem die Drohne zum Leben erwachte, sich ausrichtete und dann einen Moment still im Nichts stand, bevor sie zielstrebig davonflog. (S. 61)

Erst im Laufe der Geschichte wird Jona klar, dass die Technik ihn in eine brenzlige Situation gebracht hat. Sehr gut hat mir gefallen, dass Jona auf die gesamte Geschichte betrachtet, eine sichtbare Entwicklung durchmacht und sein sozial inkompetentes Wesen mehr und mehr ablegt. Trotzdem erinnert Jona’s Besessenheit von seiner Drohne stark an die Jugendlichen von heute, deren Abhängigkeit von digitalen Medien und Technologien immer weiter zunimmt, sodass sie sich, wie Jona, lieber in virtuelle Kommunikation verlieren, als das wahre Leben zu genießen.

Und dann würde er Elanus ausschicken und sich diese Party von draußen ansehen. Per manueller Steuerung könnte er auch die oberen Stockwerke anfliegen und vielleicht Marlenes Zimmer finden… (S. 206)

Das Setting der Geschichte hat innerhalb der gesamten Handlung den unheimlichen Eindruck beim Lesen verstärkt. Jona wohnt während seines Studiums bei einer ihm fremden Gastfamilie. Obwohl es hauptsächlich an ihm liegt, dass er nicht im Familienleben integriert ist, verhält sich auch seine Gastfamilie ihm gegenüber merkwürdig. Mir hat es außergewöhnlich gut gefallen, dass Poznanski das Setting hauptsächlich auf das Haus der Gastfamilie und die Universität beschränkt hat. Durch die Sicht von Elanus‘ Kamera während der Flüge, hat man trotzdem das Gefühl, auch außerhalb der Handlungsorte einiges mitzubekommen.

„Elanus sieht messerscharf, ist schnell und wendig und bleibt an seinem Opfer dran bis zum Schluss. […] Oder jedenfalls so lange, bis der Akku am Ende ist.“ (S. 90)

Über die Handlung der Geschichte möchte ich nicht zu viel verraten. Nur soviel: Nach einem eher ruhigen Einstieg, verspricht die Geschichte Spannung pur! Mich hat die Geschichte extrem gefesselt und einige Szenen waren wirklich unheimlich. Jona hat ein Händchen dafür sich in Schwierigkeiten zu bringen und aus seinen Fehlern selten zu lernen, was ihm immer wieder zum Verhängnis wird und den gespannten Leser auf seine Kosten kommen lässt.

Fazit & Bewertung

Poznanski hat es wieder einmal geschafft mich für ein Buch von ihr zu begeistern! Ein Protagonist, der Abneigung und Sympathie gleichzeitig in mir hervorruft, ist mir bisher nur selten beim Lesen untergekommen. Jona hat beides in mir ausgelöst, was ihn zu meinen persönlichen Helden der Geschichte macht. Elanus überzeugt aber nicht nur mit starken Charakteren, sondern auch mit einer dramatischen Story, die man so schnell nicht mehr vergisst.