Rezension

Gelungenes Debüt...

Siebenschön - Judith Winter

Siebenschön
von Judith Winter

Bewertet mit 4 Sternen

"Theo hat versagt" Erstaunt blickt Christina Höffgen auf. Wer um Himmels willen ist Theo? Sie liest weiter. "Du solltest Dich lieber beeilen. Die Adresse ist Fordstraße 237. Ach übrigens: Ihr Name ist jennifer." Der rätselhafte Brief lässt Christina nicht mehr los. Gemeinsam mit ihrem Mann fährt sie zu der angegebenen Aresse, auch wenn sie nicht daran glaubt, dass sie dort tatsächlich etwas finden wird. Ein großer Irrtum. Denn es erwartet sie eine grausige Entdeckung.

Von einem anonymen Briefeschreiber in eine verlassene Lagerhalle in Frankfurt Fechenheim gelockt, entdeckt ein Ehepaar eine Frauenleiche. Die Unbekannte wurde bei lebendigem Leib zersägt, bei der Leiche finden sich gemahlene Farnsamen und ein halb verwester Katzenkadaver. Was das neu formierte Team um die beiden Ermittlerinnen Emilia Capelli und Mai Zhou zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnt: Die Frau ist bereits das vierte Opfer eines Serienkillers, der seine Morde als bizarre Themenwelten inszeniert und dabei eine Detailbesessenheit an den Tag legt, die selbst abgebrühte Ermittler erschaudern lässt. Und noch in sein "Werk" nicht vollendet...
Die Abteilung für Kapitaldelikte der Zentralen Kriminaldirektion Frankfurt am Main spannt die beiden ehrgeizigen jungen Kommissarinnen Emilia Capelli und Mai Zhou zusammen, um die Mordserie aufzuklären. Unterschiedlich wie Tag und Nacht, misstrauen sie einander auf Anhieb. Doch es geht um Menschenleben und, nicht minder wichtig: Es ist der größte Fall ihrer noch jungen Karriere, und keine will sich ihre Chancen von der anderen vermasseln lassen.

Wer nach der Wahrheit sucht, darf nicht erschrecken, wenn er sie findet. (Chinesisches Sprichwort)

Wenig zimperlich kommt das Debüt von Judith Winter daher. Bereits nach wenigen Seiten wird klar, dass es hier um mehr als einen Mordfall geht - und dass die Opfer keines angenehmen Todes sterben. In kurzen Kapiteln wechseln ständig Standort und Perspektive, so dass Spannung aufgebaut und gehalten werden kann. Interessant zu verfolgen ist auch das Aufeinandertreffen und allmähliche Kennenlernen der beiden Ermittlerinnen, das keinesfalls frei von Reibereien ist. Je mehr Einblick die Autorin in den persönlichen Hintergrund der beiden gewährt, desto sympathischer erscheinen sie allmählich. Allerdings fand ich es etwas verwunderlich, dass Kollegen und Umfeld Emilia Capelli besser zu kennen scheinen als sie sich selbst: "Jeder in dieser Abteilung weiß, dass du mit Weibern nicht kannst." (S. 47)
Bei der Vielzahl der Opfer, Tatorte, Inszenierungen des Täters, Hintergründe der Opfer, hatte ich gelegentlich das Gefühl, den Überblick zu verlieren. Doch da es den Ermittlern ähnlich ging, gab es an einer markanten Stelle im Buch eine Auflistung der "Abteilung für Kapitaldelikte" zu den Opfern und den entsprechenden Details der Taten. Dies fand ich eine gelungene Idee. Dennoch kommen die Ermittler nur allmählich dem Täter auf die Spur, immer wieder gibt es überraschende Wendungen. Und so verzweifelt auch die Kommissarin zwischendurch:

"Dieser verdammte Fall entwickelt sich einfach viel zu rasant, dachte Em. Nie kamen sie dazu, einen Gedanken zu Ende zu denken. Jedes Mal riss der Faden, bevor eine Idee Gestalt annehmen konnte. Und immer geschah etwas Neues, bevor sie das Alte verstanden hatten..." (S. 318)

Das Buch war sehr flüssig zu lesen, der Plot insgesamt intelligent gestrickt, der Showdown am Schluss spannend. Und doch blieben am Ende für mich einige Fragen offen, vor allem was den Hintergrund und das Motiv des Täters anbelangt.
Insgesamt jedoch habe ich mich gut unterhalten gefühlt und bin neugierig auf weitere Fälle des Ermittlerduos Capelli und Zhou.

© Parden