Rezension

Georg Wilhelm Papst - ein Genie des deutschen Films

Lichtspiel -

Lichtspiel
von Daniel Kehlmann

Bewertet mit 4 Sternen

In seinem Roman “Lichtspiel“ erzählt Daniel Kehlmann das Leben des deutschen Regisseurs Georg Wilhelm Papst. Er wurde durch seine genialen Stummfilme bekannt, drehte in Frankreich, bevor er sich mit seiner Frau Trude und seinem Sohn Jakob in Hollywood niederließ – in der Hoffnung, an seine bisherigen Erfolge anknüpfen zu können. Sein erster Film war jedoch ein Misserfolg, und keiner konnte oder wollte ihm helfen. Deshalb kehrte er nach Europa zurück. Als er seiner alten Mutter in einem Seniorenheim in seiner Heimat Österreich einen kurzen Besuch abstatten will, kann er wegen des Kriegsausbruchs nicht wieder ausreisen und muss sich irgendwie mit dem Naziregime arrangieren. Kehlmann beschreibt sehr anschaulich, welche Schwierigkeiten und Schikanen die Familie bewältigen muss. Der Vaterlandsflüchtling Papst wird noch immer als Kommunist und Jude beschimpft, obwohl es keine Juden in seiner Familie gibt. Er muss sich jede Äußerung genau überlegen, denn auch unter seinen Mitarbeitern könnten Spitzel des Regimes sein. Das Leben in Nazi-Deutschland ist auch deshalb eine große Belastung für das Ehepaar, weil Sohn Jakob Mitglied der Hitlerjugend ist und später als Soldat an die Front geht. 
Der gut recherchierte, kenntnisreiche Roman stellt dem Leser nicht nur G.W. Papst vor, sondern eine Vielzahl bekannter Persönlichkeiten der Zeit. Der Autor vermischt Fakten und Fiktion, vor allem im Zusammenhang mit dem in den letzten Kriegsmonaten in Prag gedrehtem Film “Der Fall Molander“, der nie in die Kinos gelangte. In einer Rahmenhandlung tritt der im Sanatorium Abendruh lebende demente Franz Wilzek, ehemals Papsts Regieassistent, später eigenständiger Regisseur in der Fernsehsendung „Was gibt es Neues am Sonntag“ auf und lässt das Rätsel um den verschwundenen Film in einem neuen Licht erscheinen. 
Ich habe den neuen Roman wie schon seine Vorgänger gern gelesen, obwohl er durch den enormen Detailreichtum zur damaligen Herstellung von Filmen und die schier unüberschaubare Personenvielfalt streckenweise erhebliche Längen hat. Dennoch ist Kehlmann ein sehr interessantes Buch gelungen.