Rezension

Royales & Loyales

Teatime mit Lilibet - Wendy Holden

Teatime mit Lilibet
von Wendy Holden

Bewertet mit 4 Sternen

Über Historisches und Tratsch hinaus liefert diese Lektüre etliche Denkanstöße

Wendy Holdens Historischer Roman "Teatime mit Lilibet" behandelt das Leben von Marion Crawford ("Crawfie"), basierend auf deren Buch "Little Princesses", in dem sie von ihren 16 Jahren bei der Familie der heutigen "Queen" erzählt, als sie, die eigentlich Kinder in den Slums unterrichten wollte, zunächst bei "den Yorks", der herzoglichen Familie des zweitältesten Sohnes von George V., und dann, nach der Abdankung von Edward VIII. wegen Mrs. Wallis Simpson, am königlichen Hof tätig war.
Als die 22-Jährige zunächst probeweise eingestellt wird und auch zwischendurch immer wieder erzählt sie sich, ihrer verwitweten Mutter im fernen Schottland und uns geradezu gebetsmühlenartig, dass es ja nur vorübergehend sei.
Auch als ihr zunehmend klarer wird, dass sie trotz Glamour und beruflicher Erfüllung ihre sprichwörtlichen besten Jahre dort verbringt, weder ein erfüllendes Sexualleben (ihre diesbezüglichen erfolglosen Bemühungen sind geradezu herzzerreißend) noch eine eigene Familie erleben kann - sie bleibt.
Die skizzierten Personen wirken sehr glaubwürdig, vor allem die ewig lächelnde steinharte künftige "Queen Mum" und Prinzessin Margaret Rose, deren spätere in der Yellow Press genüsslich breitgetretene Eskapaden meist mit ihrer unglücklichen Liebe zu dem geschiedenen Oberst Peter Townsend zu entschuldigen versucht wurden, die sich jedoch bereits in ihren jüngsten Jahren als selbstverliebte, eifersüchtige und vor allem rücksichtslose Nervensäge zeigte.
Wallis Simpson hingegen bleibt weiterhin eine schwer einzuordnende tragische Persönlichkeit. Den Hinweis, dass sie angeblich gewisse Fähigkeiten ihr primäres Geschlechtsorgan und kleine Bälle betreffend besessen habe, halte ich für entbehrlich.
Obwohl Marion sich immer wieder vor Augen hält, dass sie den beiden Prinzessinnen eigentlich zeitlich und emotional gesehen mehr Mutter ist als die leibliche, und wie wichtig ihre Bestrebungen sind, ihnen Kontakte zum realen Leben, zu "normalen Menschen" zu vermitteln, erfährt sie zunehmend, dass sie und ihre Aufopferung entschieden zu wenig anerkannt werden.
Das sie in einer Rahmenhandlung als alte, verhärmte, einsame Frau zeigende Ende ist tragisch mit leicht versöhnlichen Tendenzen.
Das historische Hintergrundgeschehen, "Crawfies" Leben und manches Anekdötchen waren interessant bzw. manchmal auch ziemlich bewegend.