Rezension

schlichter Krimi mit unkonventionellem Ende

DUNKEL - Ragnar Jonasson

DUNKEL
von Ragnar Jonasson

Bewertet mit 3 Sternen

** "Machen sie sich keine Sorgen. Ich werde ihr Geständnis in meinem Bericht nicht erwähnen. Ich kann natürlich nicht vorhersagen, wie mit dem Fall verfahren wird, sobald ich aufgehört habe, aber soweit es mich persönlich betrifft, haben sie nichts Relevantes gesagt, als ich sie befragt habe." **

Ich war sehr neugierig auf diesen hochgelobten und auch wirklich interessant erscheinenden isländischen Thriller. Das Cover zog mich in seinen Bann, genauso wie der Klappentext und die Leseprobe. Doch nach einem sehr gelungenen Einstieg folgte recht bald die Ernüchterung in sehr ruhigem, spannungsarmen Fahrwasser. 

Aber von vorn: Hulda Hermannsdottir ist eine Einzelgängerin - nicht die schnellste Ermittlerin, aber eine hartnäckige und so ist sie wie vor den Kopf geschlagen, als man sie in den Vorruhestand schickt. Ihr bleiben grade noch 2 Wochen in denen sie sich mit einem Cold Case beschäftigen darf. Sofort kommt ihr der Tod einer jungen Russin in den Kopf, den ein Kollege als Selbstmord abgeschlossen hat. Hulda will sich dem Fall annehmen und der Toten Gerechtigkeit widerfahren lassen. 

Dazu muss ich gleich eins loswerden, Hulda mag zwar eine hartnäckige Ermittlerin sein, dafür aber wohl auch die mit den dicksten Tomaten auf den Augen und der längsten Leitung. Und das leider auch in ihrem Privatleben - was sie nicht grade sympathisch macht. Mich hat wirklich gewundert, dass man sie nicht schon längst an den Schreibtisch verbannt hat. Aber nun ja....

Der Autor erzählt seine Geschichte(n) auf 3 Zeitebenen: Hulda in der Gegenwart, mit einem irgendwie recht eindimensionalen Charakter, dann, in recht kurzen Zwischenkapiteln, eine unverheiratete junge Mutter kurz nach dem 2. Weltkrieg und im dritten Handlungsstrang erzählt eine Frau von einem Ausflug mit einem ihr fast unbekannten Mann. 

Was sich nach einem spannenden Aufbau anhört täuscht; denn man kann sich denken, wer die junge Mutter mit Kind und die Frau auf dem Ausflug sind. Schade, denn grade das hätte Potential gehabt. So bleibt es nicht nur auf weiten Strecken spannungsarm, sondern auch recht flach in der Auflösung, obwohl der Autor alles versucht, um falsche Fährten zu legen. Da habe ich definitiv mehr Raffinesse erwartet. Und das reißt auch der unkonventionelle Schluss nicht raus, bei dem ich einmal mehr dachte: Mensch Hulda, wie blind bist du eigentlich?

Ein Krimi? Hm, naja, ein bisschen, aber eher noch der Seelenspiegel einer alternden Ermittlerin - was ich normalerweise total interessant finde. Doch dafür hätte es deutlich mehr Tiefe haben müssen, so wirkt alles, was in ihrem Leben passiert, einfach nur aufeinandergetürmt und kann auch nicht in allen Punkten überzeugen. Grade auch die Geschichte rund um ihren Mann und ihre Tochter... es hat mich getroffen und betroffen gemacht, aber das war mir viel zu oberflächlich. Mag sein, dass das alles in den beiden Folgebänden tiefer beleuchtet wird - der Aufbau ist ja schon etwas außergewöhnlich, aber das bringt mir jetzt nichts und ich weiß auch nicht, ob ich den zweiten Teil lesen möchte. 

Allerdings hat mir der angenehmer Schreibstil, mit dem er eine unheimlich dichte, düstere und fast schon depressive Atmosphäre und Grundstimmung erzeugt und das durchgehend, sehr gefallen und auch die Landschaftsbeschreibungen rufen Island Kopfkino hervor. . 

Fazit: Dunkel ("Dimmer" der Name ihrer Tochter) kann leider nicht halten was er verspricht. Die Idee, das Leben seiner Kommissarin mit ihrem letzten Fall zu beginnen und dann Rückwärts aufzurollen, ist und bleibt interessant und ich bin schon ein wenig neugierig, wie Huldas Leben im zweiten Band verläuft, ob weitere Dinge zutage treten oder die bereits aufgedeckten näher beleuchtet werden.