Rezension

Schmales Büchlein mit großem Inhalt

Vati
von Monika Helfer

Bewertet mit 4 Sternen

Monika Helfer war mir durch ihren Roman "Die Bagage", den ich allerdings noch nicht gelesen habe, ein Begriff. Ich habe durchweg Positives über dieses Buch gehört und war nun umso gespannter auf ihr neustes Werk "Vati".

Dieser Roman ist ein kleines schmales Büchlein mit, wie ich finde, großem Inhalt. Monika Helfer erzählt von ihrer Vergangenheit, vor allem von ihrer Kindheit und ihrem Aufwachsen und, wie könnte es bei dem Titel des Romans anders sein, von ihrem Vater. Es geht um die Suche nach der eigenen Herkunft, um Familienbande und wie es ist, in schwierigen Verhältnissen aufzuwachsen. Ihr Vater trug als Folge des Krieges eine Beinprothese und war Leiter eines Kriegsopfer-Erholungsheims. Schon früh fühlte sich ihr Vater zu Büchern und der Literatur hingezogen. Monika Helfer erzählt, wie die Liebe ihres Vaters zur Literatur auch ihre Liebe zur Literatur entfacht hat. Auf Seite 59 heißt es: "Wenn der Vater die Fenster öffnete, wehte ihr Harzduft herein und verband sich mit dem Muffgeruch der Bücher - bis heute für mich ein Hauch aus dem Paradies".

Wie glücklich sie und ihr Vater in der großen Bibliothek des Kriegsopfer-Erholungsheims doch waren. Die Autorin beleuchtet aber nicht nur die guten, sondern auch die schlechten Zeiten. Denn bei aller Geborgenheit und Liebe, die Monika Helfer von ihrem Vater bekam, war er doch ein schweigsamer, in sich gekehrter Mann. Dieses Buch ist der Versuch Monika Helfers, sich ihrem Vater wieder anzunähern und zu ergründen, wie er wirklich war. All die Facetten, die diesen Menschen ausmachten, wiederzuentdecken, zu ordnen und zu verstehen. Das gelingt der Autorin meiner Meinung nach wunderbar.

Es ist ein leises und tiefgründiges Buch. Eins, das einen innehalten lässt und an dessen Sprache man sich erfreut. Monika Helfers Schreibstil empfand ich als sehr schön und virtuos. Eine sehr elegante Sprache, die manchmal etwas distanziert wirkt, gleichzeitig aber nie emotionslos wird. Auch das Cover des Buches passt meiner Meinung nach wunderbar zum Inhalt. Dieses leicht verschwommene Bild repräsentiert die Erinnerungen. Die Erinnerungen, die nur noch verschwommen im Kopf sind und die man unbedingt wieder klarer sehen will. Ein sehr gelungener Bezug zur Geschichte.

Für mich war es ein entschleunigendes Leseerlebnis, welches auch nach Beenden des Romans noch in mir nachhallte. Empfehlung!