Rezension

Nachgetragene Liebe?

Vati
von Monika Helfer

Monika Helfer, die sich schon im Buch "Die Bagage" mit ihrer Familiengeschichte auseinandersetzte, führt diese Geschichte weiter fort: Während der erste Band die Familiengeschichte auf Seiten der Mutter beschreibt, nähern wir uns nun dem Vater. Auch er kommt aus ärmlichsten Verhältnissen, hat als uneheliches Kind der Magd mit dem Bauern weder Besitz noch Ansehen. Er darf das Gymnasium besuchen, doch kurz vor der Matura, dem Abitur, wird er einberufen, denn der Zweite Weltkrieg ist ausgebrochen. Beinamputiert liegt er im Hospital, und hier macht ihm Grete, die Krankenschwester, einen Heiratsantrag. Und so wird die Familie gegründet...

Hochintelligent, ein Bücherliebhaber, kriegsversehrt, wortkarg, Vater von vier Kindern aus erster und zwei weiteren aus zweiter Ehe, nach dem Tod der geliebten Grete depressiv - vieles lässt sich über den Vater sagen. Monika Helfer schafft ein Portrait, das lebensecht ist und sich nicht mit eindeutiger Schwarz-Weiß-Malerei zufrieden gibt. In manchen Punkten findet sich die Autorin nahe beim Vater, in anderen bleibt er ihr fern, so wie er nach dem Tod der Mutter zunächst völlig aus ihrem Leben verschwand. Ich gehe davon aus, dass das alles autobiographisch ist; dann berührt mich dieses Buch mit seiner Ehrlichkeit.

Das Buch steht auf der Nominierungsliste zum Deutschen Buchpreis 2021.

P.S.: Aber warum heißt eigentlich Gretes ältester Bruder im ersten Buch Hermann und hier Heinrich??