Rezension

Sirius

Sirius - Jonathan Crown

Sirius
von Jonathan Crown

Bewertet mit 5 Sternen

Cover:
Das Cover zeigt den Protagonisten des Romans, den Foxterrier Sirius, im Scheinwerferlicht. Um den Hund gruppieren sich verschiedene Filmutensilien, wie z. B. Filmkamera, Auto oder Filmklappe. Besonders sticht der rote, erhaben aufgedruckte Buchtitel hervor, der in seiner Aufmachung an amerikanische Stummfilme erinnert. Die wechselnden Grau- und Violetttöne im Hintergrund verleihen dem gesamten Cover eine abendliche/geheimnisvolle Stimmung. Ein expressionistischer Einfluss ist zu erkennen.

Inhalt:
Ein Parforceritt durch die stürmische Geschichte der 1930/40er-Jahre.
Der Berliner Foxterrier Sirius wächst in der jüdischen Familie Liliencron auf und flüchtet mit dieser wegen der Novemberverfolgungen 1938 nach Amerika. In Hollywood bekommt er eine Anstellung als Filmhund und lernt ganz nebenbei die Schauspielgrößen der Zeit, Billy Wilder, Marlene Dietrich etc., persönlich kennen. Später wird er zum Zirkushund und gelangt zurück nach Berlin. Dort wird er, man mag es kaum glauben, Schoßhund und Trauzeuge des Führers. Kurzum, Sirius erlebt alle Irrungen und Wirrungen der Zeit hautnah mit - erst als Verfolgter, dann als gefeierter Star. Letzteres erklärt auch den häufigen Namenswandel des Hundes, von Levi über Sirius und Herkules zu Hansi.

Erzählweise/Stil:
Jonathan Crown schreibt flüssig und sehr unterhaltsam.
Mitunter argumentiert er auch sehr tiefgründig bzw. nachdenklich, was folgendes Zitat über die Emigration nach Amerika beweist: "Georg nimmt nichts mit. Gar nichts. Das wiegt am meisten".
Am meisten hat mich die ungewöhnliche Erzählperspektive des Romans beeindruckt. Der Berichterstatter/Protagonist ist ein Hund. Dieser ist klug und mit allen Wassern gewaschen; fast ein Mensch. Zudem versucht der Autor, alle wichtigen zeitgenössischen Personen aus Showbiz und Politik mit einzubauen. Dadurch bekommt der Leser einen Eindruck vom kulturellen und politischen Klima der Zeit. So macht man u. a. Bekanntschaft mit überzeichneten Stars wie dem verrückten Tänzer Billy Wilder. Skurrile Begegnungen und Anekdoten bleiben nicht aus. Der Kiepenheuer & Witsch-Verlag ordnet den Roman deshalb dem Genre der Screwball-Comedy zu. Schon die Idee, dass ein kleiner Foxterrier an den wichtigsten Entscheidungen der damaligen Zeit beteiligt ist bzw. diese trifft, ist mehr als Comedy. Auch der Autor nimmt die Geschichte rund um Sirius nicht so ganz ernst, was der letzte Satz des Romans belegt: "Aber wer weiß schon, wie es wirklich wahr?"

Fazit:
Ein gelungener Erstling, der sich den ernsten Themen des 20. Jahrhunderts (Judenverfolgung, Weltkrieg etc.) auf eindrückliche (oft tragikomische) Weise nähert. Ein Hund schreibt Weltgeschichte neu."Sirius" hat mich ab der ersten Seite gefesselt, ein wahrer Pageturner. Verdiente 5 Sterne. Danke vorablesen, für dieses außergewöhnliche Leseerlebnis!

PS: Ob nun vom Autor so gewollt oder nicht, dessen Nachname "Crown" entspricht dem neuen amerikanischen Familiennamen der Liliencrons (auch "Crown"). Vielleicht bringt die Widmung Licht ins Dunkel. :)