Rezension

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Spannend, gefühlvoll - zwei Familien, ein düsteres Geheimnis

Das Haus am Himmelsrand - Bettina Storks

Das Haus am Himmelsrand
von Bettina Storks

Bewertet mit 5 Sternen

Achtung - die Rezi beginnt mit einem Spoiler:
„Géradmer, Frankreich, Am Rosshimmel – Oktober 1940

Immer wenn der Wind über das Plateau in den Vogesen fegte, hielt der Rosshimmel den Atem an. Die Pferde erstarrten und spitzten die Ohren. Dann plötzlich setzten sie sich in Bewegung, fast gleichzeitig zu einer einzigen großen Formation.“ …
(Buchanfang)

„Sorge für Gerechtigkeit“, das Versprechen hatte der Großvater seiner Enkelin auf dem Sterbebett abverlangt. Elizabeth war in einer Nacht- und Nebel-Aktion zum französischen Anwesen in den Vogesen gefahren. Géradmer in Frankreich, dort sollte sie aus dem Arbeitszimmer wichtige Unterlagen holen. Was hatte es mit den Dokumenten auf sich, die Lizzy in dem Sekretär fand? Es waren Listen, Protokolle von der Versteigerung des Hauses der Familie Bloch in der Goethestraße 12, Freiburg. Und dann war da noch eine Mappe mit alten Überweisungsbelegen auf ein Schweizer Konto in Basel, datiert von 1948 – 1955. Allein der nächtliche Ausflug nach Frankreich ruft bei Lizzys Lebensgefährten Tom Unmut hervor. Sein Misstrauen beruht auf einen „Ausrutscher“ von Elisabeth vor geraumer Zeit. Doch hatte Tom eine reine Weste?
Die Testamentseröffnun birgt eine Überraschung für alle Familienangehörige, zumal auch noch ein ihnen unbekannter Mann daran teilnimmt. Herr Meyer war die anwaltliche Vertretung von Ellen und David Bloch. Wer aber waren diese beiden Personen? Lizzy hatte den Namen Bloch nie zuvor gehört.
Umso größer ist das Erstaunen und auch Entsetzen der Familie, dass der Großvater genau diesen Beiden das Anwesen Am Rosshimmel in Géradmer, Frankreich, vermacht. Es war ein Vermögen wert und kampflos wollte die Familie, sprich Lizzys Bruder Alexander, das Erbe nicht aus der Hand geben. Die Kirchmanns war eine alteingesessene Uhrendynastie in Freiburg. Allerdings hatte das Unternehmen seit geraumer Zeit finanzielle Schwierigkeiten.

Die Geschichte der Kirchmanns und Bloch ist in der Gegenwart geschrieben als auch rückblickend in der Vergangenheit, wobei diese Zeit in Kursivschrift gehalten ist. Die Kapitel der Vergangenheit sind jeweils mit dem Ort und der Jahreszahl versehen. Es ist ein Rückblick in die Zeit des Zweiten Weltkriegs, die Zeit der Beschlagnahme und Bereicherung am Judeneigentum.
Doch hatte sich Bodo Kirchmann, Lizzys Großvater, sich wirklich an den Sachen seines Partners Bloch bereichern wollen? Oder ging es ihm darum, diese Sachen zu schützen bzw. zu retten, bevor es in fremde Hände fiel?
Die Recherchen führen Lizzy oft ins Leere. In ihrer Partnerschaft mit Tom kriselt es und Thea, die gemeinsame Tochter, macht es ihr zusätzlich noch schwer.

Zitat S. 34:

„Überlege es dir gut, ob du deine rosarote Welt zu zerstören bereit bist.“
Diese Worte aus Onkel Erwins Mund zu Elisabeth sollten ihr eigentlich eine Warnung sein. Doch Lizzy will das dem Großvater gegebene Versprechen einlösen.

„Das Haus am Himmelsrand“ war eine sehr bewegende Zeitreise. Die Geschichte um das Geheimnis, welches beide Familien miteinander verband, ist wahrhaft berührend, ebenso außergewöhnlich; zwar fiktiv, aber doch sehr real das damalige Leben im Dritten Reich widerspiegelt.
Wie viele erschütternde Geschichten könnten noch geschrieben werden, um uns von den Schicksalen der jüdischen Familien zu erzählen? Die Antwort kann sich jeder selbst geben.

Für mich ist „Das Haus am Himmelsrand“ ein weiteres Lesehighlight 2014.
Die Geschichte der Kirchmanns und Blochs, kein Einzelschicksal, zeigt auf, dass es nie zu spät ist, Gerechtigkeit herzustellen, bereit zu sein, dafür zu kämpfen und sich nicht von seinem Weg abbringen zu lassen.