Rezension

Spannende High Fantasy-Geschichte mit ungenutztem Potential

Das Reich der sieben Höfe - Dornen und Rosen
von Sarah J. Maas

Hätten die Hauptcharaktere mehr Tiefe besessen, wäre ich vom Buchhype sicherlich auch angesteckt worden.

Nach dem Bankrott des Vaters übernimmt Fayre die Aufgabe, ihre verarmte Familie zu versorgen. Als sie beim Jagen im Wald einen großen Wolf erlegt, hofft sie inständig, dass es sich bei ihm nicht um einen der mächtigen und bedrohlichen Fae handelt. Doch bereits in der Nacht darauf bewahrheitet sich ihre Befürchtung und sie wird von einer magischen Wesen als Wiedergutmachung für das genommene Leben in das Land der Fae verschleppt. Anders als erwartet wird sie dort von ihrem Entführer Tamlin, High Lord des Frühlingshofes, nicht als Gefangene gehalten, sondern genießt als sein Gast alle Freiheiten. Schon bald merkt sie, dass Tamlin hinter dem Leben in Luxus ein düsteres Geheimnis vor ihr verbirgt, welches nicht nur zur Bedrohung für das Frühlingsreich, sondern auch für ihre Heimat werden kann.

Der Einstieg in das Buch ist mir leichtgefallen, da man sehr gut in das Geschehen eingeführt wird. Die fantastische Welt wird bildhaft beschrieben und ich wurde neugierig darauf, was sich Hinter der Mauer verbirgt, die das Land der Menschen vom Land der Faye trennt. Der Großteil des Buches spielt sich dann aber erstmal am Frühlingshof Tamlins ab und die Handlung nimmt nur wenig an Fahrt auf.

Die Liebesbeziehung zwischen Fayre und Tamlin hat mich leider einfach nicht gepackt. Ich konnte nicht ganz nachvollziehen wie und warum sich bei den beiden überhaupt tiefere Gefühle entwickeln, da sie sich nie auf Augenhöhe begegnen und auch nur wenig Gespräche miteinander führen. Ich habe in vielen Rezensionen gelesen, dass Fayre eine besonders starke weibliche Protagonistin ist, die sich mutig ihrem Schicksal stellt und selbstlos und um jeden Preis für diejenigen kämpft, die sie liebt. Mir hat an ihr allerdings nicht gefallen, dass sie zu großen Teilen von Männern fremdbestimmt wird und mir viele ihrer Handlungen zu unreflektiert, unreif und naiv waren. Gerade weil das Buch an die Schöne und das Biest angelehnt ist, hätte ich mir weniger Oberflächlichkeit gewünscht. Wohingegen die Rettung des Biests von einer Frau abhängt, die ihn über sein hässliches Äußeres hinweg für seine inneren Werte aufrichtig lieben kann, ist Tamlin ein verwunschener Schönling mit animalischen Trieben, der es Fayre endlich ermöglicht, ihrem Mal-Hobby nachzugehen. Im Gegensatz zu Fayre, deren Charakter man im Laufe der Geschichte immer besser kennenlernt, wurde Tamlin für meinen Geschmack zu wenig beleuchtet.  

Überrascht hat mich dann aber das letzte Drittel des Buches, wo mit der märchenhaften Atmosphäre am Frühlingshof abrupt gebrochen wird. Mit der teilweise sehr brutalen Handlung kommt eine richtig düstere Stimmung auf, die ich nicht erwartet hätte. Die Geschichte wird endlich facettenreicher und mit Rhysand rückt ein interessanter, unberechenbarer Charakter in den Vordergrund. Da habe ich wieder Lust bekommen, auch noch in den nachfolgenden Band reinzuschauen.

Insgesamt ist es eine nette Fantasygeschichte, die zwischendurch gut unterhalten kann. Hätten die Hauptcharaktere mehr Tiefe besessen, wäre ich vom Buchhype sicherlich auch angesteckt worden.