Rezension

Sterben auf Raten

Der Bademeister ohne Himmel -

Der Bademeister ohne Himmel
von Petra Pellini

Bewertet mit 4 Sternen

Rezension zu gleichnamigen Hörbuch aus dem Argon Verlag:

Hubert ist sechsundachtzig Jahre alt und an Demenz erkrankt. Da er in seiner Wohnung nicht mehr alleine bleiben kann, wird er betreut von der Pflegerin Ewa. Sie kommt aus Polen und ihre Spezialität sind leckeres Essen und selbstgemachte Cremes, für alle Lebenslagen. Dann gibt es noch Linda, sie lebt mit ihrer alleinerziehenden Mutter, im selben Haus wie Hubert und weicht ihrem Nachbarn auch jetzt nicht von der Seite seit seine Demenz immer weiter voranschreitet. Doch nicht nur Hubert, sondern auch Linda ist orientierungslos – orientierungslos in ihrem eigenen Leben. Der Vater ein Totalausfall und jetzt zum Glück weg, die Schule macht auch keinen Spaß und was noch kommen wird ist ungewiss und sicherlich auch nicht so gut. Linda trägt sich jeden Tag mit dem Gedanken ihrem Leben ein vorzeitiges Ende zu bereiten. Wenigstens hat sie Kevin, den sie von klein auf kennt und der an ihrer Seite ist. Alle zusammen versuchen sie ihre Tage so gut es geht zu meistern auch wenn es Hubert immer schlechter geht. Doch dann passiert etwas, mit dem niemand gerechnet hat…

Die junge Linda hat eine wunderbare Art mit Huberts Demenzerkrankung umzugehen. Sie ist wertschätzend, unaufgeregt und hat ein unglaubliches Gespür für die Befindlichkeiten ihrer Mitmenschen. Wie sie sich, gemeinsam mit der Pflegerin Ewa, um Hubert kümmert ist vorbildlich. Wenn man plötzlich so pflegebedürftig wird, kann man sich so einen Bestand nur wünschen. Petra Pellini berichtet über die Demenzerkrankung sowie über Huberts Pflege sehr glaubhaft und nachtrüglich. Kein Wunder, kann die Autorin nämlich auf ihr Fachwissen als Krankenschwester, die viele Jahre in der Pflege mit Demenzkranken gearbeitet hat, zurückgreifen. Durch Pellinis einnehmenden Erzählstil hat es die Leserschaft leicht, in die Geschichten zu finden. Ehe man es sich versieht, ist man an der Seite der Figuren und begleitet sie durch das Geschehen. Die meisten Beteiligten wachsen einem schnell ans Herz. Das hat mir sehr gut gefallen. Das Ende hat mich wirklich SEHR überrascht. Für mich war es völlig unerwartet und hat mich richtig erschüttert. Durch dieses Geschehen verliert alles plötzlich an Bedeutung. Besonders aufgefallen ist mir, wie reflektiert Linda bereits in ihrem Alter ist. Auf der einen Seite wirkt sie mit ihren pauschalisierenden Äußerungen und ihrem aufbrausenden Wesen altersentsprechend pubertär. Auf der anderen Seite, ist sie sehr überlegt und wirklich unglaublich reflektiert. Beneidenswert, wenn man das bereits mit 16 Jahren ist.

Das Hörbuch wurde eingesprochen von Marie-Isabel Walke. Mit ihrer emphatischen und sehr behutsamen Art zu sprechen gibt sie die jeweiligen Stimmungen der Beteiligten aber auch der jeweiligen Situationen gekonnt wieder. Auch der polnische Akzent von Ewa wirkt sehr authentisch. Man kann sich die polnische Pflegerin genau vorstellen, wenn sie ihrem Gegenüber aufgebracht etwas erzählt. Dabei fiel es mir sehr schwer ernst zu bleiben.

Fazit:

Eine Geschichte, die zu Herzen geht, mit Protagonisten die man am liebsten im echten Leben einmal persönlich treffen würde.