Rezension

Toller Geschichtsepos

Der Medicus - Noah Gordon

Der Medicus
von Noah Gordon

Bewertet mit 4 Sternen

So ziemlich jeder, den ich kenne, hat den „Medicus“ schon gelesen und zwar schon vor Jahren und alle waren sie damals von dem Buch begeistert. Mich hat die Geschichte lange Zeit nicht wirklich gereizt, bis ich jetzt plötzlich große Lust hatte, das Buch doch mal zu lesen. Und ich habe es nicht bereut: „Der Medicus“ ist wirklich ein sehr guter Roman. Schon ab der ersten Seite wird man regelrecht in die Geschichte hineingezogen. Gordon erzählt sehr atmosphärisch, bildgewaltig und gefühlvoll und zeichnet so ein detailliertes Bild des frühen Mittelalters in England und im Orient. Er beschreibt die Länder, die Sitten, das Aussehen der Menschen und auch deren Gefühle so gut, dass man fast denkt, selbst Teil der Geschichte zu sein. Gerade auch den fanatischen Glauben mit seiner Ungerechtigkeit zu jener Zeit, die Konflikte zwischen Christen und Juden und die Skepsis der Menschen gegenüber der Wissenschaft hat Gordon gut erfasst. Besonders gelungen sind Gordon seine Charaktere: sie hat er so lebendig gestaltet und ihnen so viel Tiefe verliehen, dass sie einem richtig nah werden. Im Großen und Ganzen ist „Der Medicus“ sowohl Abenteuerroman, als auch Geschichtsepos und Liebesgeschichte. Eine Sache gibt es allerdings, die mein Lob auf das Buch etwas dämpfen. Oftmals wurde in den vergangenen Jahren nämlich kritisiert, dass Gordon angeblich historische Fakten falsch recherchiert hat und im Buch dadurch einige Dinge falsch dargestellt werden. Mich haben zwar auch ein paar Kleinigkeiten stutzig gemacht (z.B. Bibeln in gälischer Sprache, obwohl es vor der Reformation ja nur Bibeln in lateinischer Sprache gab), krasse Ungereimtheiten bzw. Falschaussagen sind mir jedoch nicht aufgefallen. Auf der anderen Seite kenne mich ich aber gerade in der Geschichte des Orients nicht wirklich aus. Wenn ich nun einen historischen Roman lese, möchte ich mich schon darauf verlassen können, dass die Fakten einigermaßen stimmen. Kleine Abweichungen finde ich nicht schlimm, aber mit der Realität sollte das Ganze dann schon noch etwas zu tun haben. Da es wohl schwierig wird, herauszufinden, inwiefern die historischen Fakten im „Medicus“ falsch sind, darf man das Buch wohl in dieser Beziehung einfach nicht zu ernst nehmen. Trotz allem empfehle ich das Buch uneingeschränkt weiter.