Rezension

Utopie oder doch Dystopie?

Paradise City - Zoë Beck

Paradise City
von Zoë Beck

Bewertet mit 3.5 Sternen

Zoë Becks zeichnet das Bild einer bedenklichen gesellschaftlichen Entwicklung in Deutschland, verpackt in einer unterhaltsamen Story mit seichten Thrill-Elementen.

Stell dir vor, du lebst in einer Zukunft, in der es fast keine körperlichen und psychischen Erkrankungen mehr gibt; auch die einst unheilbare Krankheit Krebs, Demenz oder Depressionen, alles passé. Wie das möglich sein soll? Mithilfe einer Gesundheits-App, wie wir sie bereits heutzutage benutzen, nur mit einer weiterentwickelten Technologie, die auf alle Daten zugreift. Datenschutz? Ebenfalls passé! In Zoë Becks neuem Roman „Paradise City“ ist das KOS-Betriebssystem Pflicht, wenn man ein Teil der modernen Gesellschaft sein will. Kontrastprogramm bieten die sogenannten „Parallelen“, die Selbstversorger, die kein Teil einer überwachten Gesellschaft sein wollten und weit außerhalb der Metropole leben. Mittendrin in diesem Zukunfsszenario begegnen wir Liina, blicken in ihre Vergangenheit und schauen gespannt auf die Zukunft, in der sich einiges zusammenbraut. 

Besonders gefallen hat mir, dass die Story in Deutschland spielt; die Idee der Autorin, wie sie sich das Rostock der Zukunft vorstellt, war schon faszinierend - zumal mir Rostock vertraut ist. Die Spannung musste sich erstmal aufbauen und in Rückblicken wird nach und nach klarer, worum es eigentlich geht: Zum einen um staatliche Kontrolle, Datenmissbrauch, Rebellion und journalistische Freiheit, zum anderen um Imperfektionismus, Vertrauen und Liebe. Ab der Hälfe des Romans kommt die Handlung in Fahrt, bis es in Rostock zum Showdown kommt. Einerseits finde ich die Länge und Dichte des Romans genau richtig, der Schreibstil passt an dieser Stelle hervorragend - kurz und prägnant -, andererseits hätte ich mir an manchen Stellen mehr Ausführlichkeit gewünscht, als wäre ich mit meinen Gedanken nicht hinterher gekommen, obwohl das Kapitel schon beendet war. Zugern hätte ich noch länger in dieser Idee verweilt, dass sich die Natur viele Flächen Deutschlands zurückerobert hat; hätte gern mehr über die Infrastruktur und Lebensgewohnheiten gefahren. Das Ende und damit die Auflösung hat mich etwas überrascht und war nach wenigen Seiten abgehandelt, was nicht ungewöhnlich ist, für einen Thriller. 

Fazit: Ein Thriller mit durchaus spannenden Momenten und interessanten Szenarien. Trotz teilweise blasser Protagonisten würde ich „Paradise City“, aufgrund der brisanten Aktualität und den zutiefst menschlichen Abgründen, Thriller-Fans empfehlen, die Abseits des Mainstreams neue Eindrücke sammeln wollen. Allen, die beim Lesen einen Nervenkitzel spüren wollen und durchgehend fesselnde Spannung erwarten, würde ich ein anderes Buch empfehlen.