Rezension

Zwischen Kritik und Wahnsinn

Zeiten der Langeweile -

Zeiten der Langeweile
von Jenifer Becker

Bewertet mit 4 Sternen

Mila beschließt, einen sogenannten Digital Detox durchzuführen. Was noch ziemlich vernünftig und nachvollziehbar mit dem Löschen von Instagram und Co, beginnt, artet irgendwann vollkommen aus und lässt tief in Milas traumatisierte und verletzte Seele blicken.

Dieses Buch ist der pure Wahnsinn - im wahrsten Sinne des Wortes. Selten bin ich so sehr zwischen Sympathie und Unverständnis für eine Protagonistin hin und hergesprungen. Zum einen hat Mila immer wieder schlaue Gedanken und Beobachtungen zu Social Media und Internet, die mich selbst sehr zum Nachdenken über meinen eigenen Konsum angeregt haben. Andererseits merkt man ziemlich schnell, dass sie tiefgreifende Probleme und das Internet für sie bisher wie eine Art Droge war, von der sie jetzt einen ebenso fanatischen kalten Entzug versucht. Die Autorin schafft es extrem gut, den Leser mit auf Miras zeitweise doch recht wilde Gedankenreise zu nehmen.

Für ein Fünf-Sterne-Buch hat mir jedoch das gewisse Etwas gefehlt und ich bin mir immer noch nicht ganz sicher, was genau das ist. Ein paar Erklärungsversuche: Vor allem habe ich ein kleines bisschen vermisst, dass es keinen "vernünftigen" Gegenpol zu Milas Psychose gab. Gerade Milas Freundeskreis, der aus größtenteils verantwortungslosen Möchtegern-Künstlern besteht, wirkte oft genauso verrückt wie sie. Die Probleme, die diese Clique umgibt, sind für die meisten Leser wahrscheinlich wirklich nicht sehr nachvollziehbar. Auch am Ende hat mir irgendwie ein bisschen etwas gefehlt, um die Geschichte etwas runder zu machen.

Trotzdem spreche ich eine große Empfehlung für dieses Buch aus, vor allem, wenn ihr euch ein wenig kritisch mit eurem Internetkonsum auseinandersetzen wollt!