Rezension

Angriff auf die Lachmuskulatur

Ich koch dich tot - Ellen Berg

Ich koch dich tot
von Ellen Berg

Bewertet mit 4 Sternen

Sind Sie unzufrieden, mit dem, was das Leben und die Ehe ihnen zu bieten hat. Hat sich der Mann, dem Sie einst ihr „Ja“ Wort gegeben haben, zu einen spießigen Langweiler entwickelt? Zu einem Tyrannen, der ihnen das Gefühl vermittelt, die Ehe sei ein liebloses und kaltes Gefängnis, in dem man noch nicht einmal Sex mit dem Gefängniswärtern haben kann. Dann ergeht es Ihnen ähnlich wie Sylvia Bernburg, denn diese hat auch so ein außergewöhnliches Exemplar zum Mann. Entschuldigen Sie bitte! Hatte. Er weilt seit einem kleinen häuslichen Unfall nicht mehr unter den Lebenden. Natürlich war es ein Unfall! Auch wenn Sylvia eine sehr einengende und biedere Ehe führte, in der sich nur einer angepasst hat… sie selbst. Man könnte es Schicksal nennen, dass Sylvias Mann versehentlich den Salzstreuer benutzt hat, den Sylvia umfunktionierte und mit Rattengift bestückte, um einer Mauseplage Herr zu werden. Jetzt ist sie nicht nur die Mäuseplage los und geht auf wackeligen Beinen in ein neues Leben. Im Gepäck ein totsicheres Rezept gegen untreue und fiese Männer.
Sylvia Bernburg ist ein sehr gutes Beispiel, was eine einengende Ehe aus einem Menschen machen kann. Sie hat nicht nur ihren Beruf aufgegeben, um unentwegt für ihren Mann da zu sein. Sie hat auch sich im Laufe der 15 Ehejahre aufgegeben und ein fremdbestimmtes Leben geführt. Vor dem Tod ihres Gatten ist es ihr nicht einmal aufgefallen, doch jetzt, da sie wieder für sich selbst sorgen muss, wird ihr bewusst, was sie sich alles gefallen lassen hat. Sylvia schwört sich, dass kein Mann dieser Welt je wieder ihr Leben diktiert.

Für ihre Geschichte „Ich koch dich tot“ hat Ellen Berg für einen ungewöhnlichen Charakter ausgewählt. Sylvia ist nicht die emanzipierte Frau, die ihr Leben nach einem riesigen Chaos wieder ins Gleichgewicht bringt. Sie wirkt oft klein, manchmal naiv und eingeschüchtert, und nicht sehr redegewandt. Stattdessen darf der Leser sehr unterhaltsamen und humorvollen Monologen lauschen. Sylvia hat nichts gegen das altertümliche „Frauen gehören an den Herd“ nichts einzuwenden. Aus Fehlern lernt man, Sylvia aber leider nicht. Anstatt das Chaos zu ordnen, welches der Tod ihres Mannes mit sich brachte, verbreitet sie neues. Sie verursacht durch ihre Unsicherheit eine Katastrophe nach der nächsten. Manchmal agierte Sylvia sehr unüberlegt, was mich ab und an schier in den Wahnsinn trieb. Durch ihre Vorliebe für Schlager und schrulliger Accessoires wirkte sie oft älter als sie wirklich ist. Auch das Cover mit einem älteren Ehepaar verstärkte meinen Eindruck. Trotzdem passt es zur Handlung und zu ihrer vergangenen Ehe, in der sie sich gehen und fremdbestimmen ließ. Ihr Mann hat sie sich hingebogen wie er wollte: zu einem selbstlosem Heimchen am Herd.

„Ich koch dich tot“ war mein erster Roman von Ellen Berg. Ihr kurzweiliger Schreibstil machte es mir sehr leicht, der Geschichte und ihren witzigen Figuren zu folgen. Faszinierend war es, wie Berg köstliche kulinarische Leckereien in das Geschehen einwebt. Getreu dem Motto: Wer zuletzt kocht, lebt am längsten! Lässt sie Sylvia durch die gesamte Handlung kochen. Nach dem erschütternden Ableben ihres Ehemanns am Anfang kredenzt sie uns zu dessen Beerdigung ein „Kresseschaumsüppchen mit Riesengarnelen“. Im turbulenten und tödlichen Hauptteil serviert Sylvia einen „Provenzalischen Lammrücken“ mit Rosmarinkartoffeln, um uns am mitreißenden und bewegenden Schluss mit einem „Beschwipsten Tiramisu“ zu belohnen. Nachdem sie uns die Geschichte von Sylvia und ihrem hart erarbeitetem neuen Leben erzählt, hat sie dem Leser anstatt eines Nachwortes köstliche Rezepte zum Nachkochen geschrieben. Eine wichtige Zutat aus dem Roman hat sie glücklicherweise ausgelassen: das Rattengift!